Detwang ist echt sauer
Unterbringung von bis zu 22 Flüchtlingen in verkauftem Privathaus macht Ärger
DETWANG – Von großer Unruhe in Detwang spricht Oberbürgermeister Walter Hartl. Die Bewohner des rund 120 Einwohner umfassenden Rothenburger Ortsteils fühlen sich übergangen. Sie fürchten, dass die Unterbringung von mehr als 20 Flüchtlingen in einem kürzlich an einen auswärtigen Investor verkauften Haus in der Nähe der Kirche die Verhältnisse auf den Kopf stellen und das Leben dort belasten könnte.
Aus der Sicht des Stadtoberhauptes hat die Angelegenheit einen solchen Stellenwert, dass es von ihm aus freien Stücken bei der jüngsten Bauausschuss-Sitzung angesprochen worden ist. Selbst im Rathaus sei man von den Plänen, das Gebäude in Detwang zur Unterkunft für Flüchtlinge zu machen, völlig überrascht worden, betonte er entschuldigend: „Wir wussten nichts davon.“
Was von seiner Seite unausgesprochen bleibt, aber unüberhörbar als einigermaßen verwunderlich durchklingt. Zumal mit dem für die Unterbringung von Flüchtlingen im hiesigen Bereich zuständigen Landratsamt Ansbach bisher eine gute Zusammenarbeit besteht. Der Zuständige der Behörde habe sich bei ihm entschuldigt für das Versäumnis.
Aber selbst das Landratsamt wisse nicht, wieviele und welche Flüchtlinge im Gebäude wohnen werden, sei ihm bedeutet worden, berichtete der Oberbürgermeister. Fest stehe nur, dass es einen Mietvertrag gibt, der zum 1. Mai beginnt und der es ermöglicht, in dem Haus bis zu 22 Asylbewerber unterzubringen.
Nutzungsänderung?
Ob für die Nutzung des Gebäudes in diesem vollen oder in einem reduzierten Umfang die Voraussetzungen vorliegen, soll bei einem Ortstermin in der kommenden Woche geklärt werden. Das Stadtbauamt ist mit von der Partie, wie Stadtbaumeister Michael Knappe gestern gegenüber unserer Redaktion bestätigt hat. In ers-ter Linie geht es dabei um eine eventuell erforderliche Nutzungsänderung (Heim statt Wohnungen) und damit zusammenhängend möglicherweise auch um den Brandschutz.
Mit allgemeinem Bedauern wird vermerkt, dass es im Vorfeld bei der Information über die Unterbringung in der künftigen Asylunterkunft in Detwang suboptimal gelaufen ist, um das wohlmeinend zu umschreiben. Die unterbliebene Vorbereitung der örtlichen Bevölkerung auf die kommende Situation führt fast zwangsläufig zu Fehldeutungen, Missverständnissen und Vorbehalten.
Durch Zufall erfahren
Dass das Gebäude künftig Flüchtlinge aufnehmen soll, erfuhren Bewohner durch Zufall. Sie hatten beobachtet, dass vor dem Haus Spinde und Betten in solch reicher Zahl ausgeladen wurden, dass es sich dabei unmöglich um die künftige Ausstattung von Wohnungen handeln konnte. Daraufhin schlugen sie Alarm im Rathaus.
„Es wohnen lauter alte Leute hier in diesem kleinen Ort. Wie soll das gehen mit einem Haus für so viele Flüchtlinge, vielleicht noch belegt mit lauter Männern,“ sagte uns ein besorgter Anlieger, als wir in Detwang vorbeischauten.
Dem Gebäude fehle als wesentliche Voraussetzung ein entsprechender Umgriff, wo sich die künftigen Bewohner auch im Freien aufhalten können, wenn das Wetter gut ist, kritisiert ein anderer. Logische Konsequenz werde sein, dass sich die Asylbewerber andere Anlaufstellen suchen wie Gaststätten im Dorf oder den nahegelegenen Campingplatz. Da seien die Probleme doch schon vorprogrammiert.
Ein zweiter Fall Preuntsfelden? Einen Vorteil hat Detwang in sonst recht ähnlicher Situation, speziell was die zahlenmäßige Relation Einwohnerschaft/Asylbewerber angeht: Rothenburg ist nicht weit entfernt und auch zu Fuß relativ schnell zu erreichen.
Außentermin unserer Redaktion vor Ort: Vor besagtem Gebäude gegenüber der Kirche stehen zwei mattgrün lackierte Kleinbusse eines Sicherheitsdienstes. Drinnen laufen Arbeiten. Am Zugang schiebt ein Mitarbeiter des Unternehmens Wache. Ein weiterer kommt etwas zeitversetzt aus dem Gebäude.
Kleines Geplänkel: Was hier fotografiert werden soll? Na, das Haus hier. Ob die Erlaubnis vorliegt? Vom öffentlichen Straßenraum aus! Wenn von hier aus fotografiert wird, gibt es keine Möglichkeit, das zu untersagen, wird betont.
Das klärt die Lage. Der eine Mann vom Sicherheitsdienst bittet lediglich, die Busse wegfahren zu dürfen. Eine gute Arbeitsgrundlage. Die Busse standen sowieso im Weg und verstellten das Erdgeschoss des von uns als Motiv ausersehenen Hauses zum Teil.
Schieflage
Ob das Integrationsgesetz für Flüchtlinge, auf das sich die Koalition ganz neu geeinigt hat, ungute Vorzeichen von beiden Seiten wie jetzt im Fall Detwang künftig verhindern kann? Wohl kaum, wenn bei der Zuweisung von Flüchtlingen auch künftig angebotener Wohnraum eine größere Rolle spielt als die Situation vor Ort und die Größe des jeweiligen Umfeldes nach Bewohnern, befürchten Kritiker. Kann es sein, dass die Vermietung für die Unterbringung von Flüchtlingen zum Investitionsmodell wird, das aus der Staatskasse bezahlt wird, und für alles Weitere vor Ort kein Ausgleich zu leisten ist? Detwang ist sauer.
Es sei im jetzigen Stadium nicht angezeigt, Öl ins Feuer zu gießen, mahnen Vernünftige alle Beteiligten und Betroffenen. Für Montag, 25. April lädt die Stadt Rothenburg ab 19.30 Uhr zur Informationsveranstaltung in den Detwanger Gemeindesaal ein.
Wie wichtig es ist, möglichst frühzeitig mit offenen Karten zu spielen, hat sich zuletzt bei der Asylunterkunft in der Hofbronnengasse im ehemaligen Bettenhaus des Hotels „Bären“ gezeigt. Von der Behörde wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Bereitschaft Rothenburgs positiv hervorgehoben, in der Stadt Flüchtlinge aufzunehmen.
Wie berichtet, hat der Unternehmer Harald Wohlfahrt das gegenüber dem „Bären“ liegende Gebäude für diesen Zweck ans Landratsamt vermietet. Das vorher als Übernachtungshaus des gegenüber liegenden Hotels genutzte Anwesen sollte nach dem Ankauf eigentlich für Bürozwecke seiner Firma genutzt werden.
Bis zu 82 Asylbewerber könnten in dem Haus in der Hofbronnengasse, für das der Besitzer die „ortsübliche Miete“ kassiert, laut Vertrag untergebracht werden. Diese Zahl sei aber derzeit bei weitem nicht erreicht, heißt es. Obwohl sich zur Anfangsbelegung von rund 30 Iranern inzwischen auch ein Flüchtlings-Kontingent addiert, mit dem über den Winter Leerstände in der Jugendherberge Rossmühle im Kappenzipfel ausgeglichen worden waren.
Wegen der wieder angebrochenen Touristensaison werden im Übergangsquartier wieder alle Kapazitäten gebraucht. Dort untergebrachte Asylbewerber fanden zum Teil in der Hofbronnengasse Zuflucht.
Im Stadtgebiet von Rothenburg sind derzeit insgesamt 120 Flüchtlinge untergebracht. Auch zwei städtische Wohnungen sind in diesem Zusammenhang an das Landratsamt Ansbach vermietet. -ww-
Was hats denn mit dem Sicherheitsdienst auf sich? Müssen die arbeiter geschützt werden?
Die armen Detwanger. Bezogen auf die Bevölkerungszahl müßte Rothenburg rund
2000 Asylanten aufnehmen um eine vergleichbare Relation Einwohner/Asylbewerber
zu erreichen.