Freude über junge Poeten
Rückblick auf den ersten Poetry Slam unter freiem Himmel in Rothenburg
ROTHENBURG – Evangelische Jugendsozialarbeit (EJSA) und Jugendzentrum schauen erfreut zurück auf eine erfolgreiche Premiere. Es geht um einen Dichterstreit unter freiem Himmel, den man sich als moderne Form der früher zu Hofe gepflegten lyrischen Konkurrenz von Minnesänger und Co. vorstellen darf.

Die Poeten des Abends (von links): Daniel Hirschmann, Miguel Fugaz, Lara Ermer, Oliver Walter, Pascal Simon, Felix Kaden, Erwin Henle, vorne kniend Moderator Martin Hönl. Foto: Lomb
Das Jugendzentrum Rothenburg und die EJSA Rothenburg verfolgen mit den sogenannten Poetry Slams das Ziel, jungen Menschen für den Austausch mit anderen Menschen und Meinungen aus verschiedenen Lebenssituationen, die sie bewegen und Kulturen, denen sie begegnen, ein Sprachrohr zu geben.
Die auftretenden Künstler zeigen, wie wertvoll es ist, die eigene Meinung zu formulieren und dass jeder an diesem Austausch teilnehmen kann, egal ob auf der Bühne oder als Zuschauer. Ihre vorgetragenen Texte und ihre Bücher motivieren immer wieder Jugendliche, ihre eigenen Gedanken auszudrücken und den Schritt auf die Bühne zu wagen.
In der malerischen Kulisse des Wirtshauses „Unter den Linden“ fand er statt: Rothenburgs erster Poetry Slam unter freiem Himmel. Im Licht der untergehenden Sonne begleitete der erfahrene Moderator Martin Hönl aus Dietenhofen dabei die rund 150 Zuschauer durch den Abend.
Die sieben Poeten begeisterten mit vielfältigen Themen: Oliver Walter hinterfragte unterhaltsam die Notwendigkeit, bestimmten Handlungen Männlichkeit beziehungsweise Weiblichkeit zuzuschreiben.
Lara Ermer ermunterte alle manchmal grundlos schlecht gelaunten Menschen, zur Aufhellung einen positiv gestimmten Menschen zu finden.
Die Gefahr, dass das eigene Leben an einem vorbeiziehen kann, während man zu viel über alle möglichen Entscheidungen nachdenkt, stellte Pascal Simon lebhaft dar.
Felix Kaden präsentierte eine moderne Auseinandersetzung mit den zehn Geboten aus der Bibel und stellte fest, dass auch heutzutage Feiertage unbedingt geehrt und eingehalten werden sollten.
Konkurrenz der Hirnhälften
Miguel Fugaz bezog das Publikum nach der Pause mit einer herausfordernden Übung in seinen Vortrag ein: Vor dem Körper sollten die Fäuste gegenläufig im Kreis gedreht werden. Die Schwierigkeit liege an der Konkurrenz der linken und der rechten Hirnhälfte, erklärte der Poet den amüsierten Zuschauern.
Mit etwas Übung könne jedoch jeder diese Herausforderung meistern. Dies unterstrich er noch in seinem Text mit dem Appell, sich nicht von den Vorurteilen und Meinungen anderer, ob man ein Ziel erreichen könne oder nicht, bremsen zu lassen.
Daniel Hirschmann hinterfragte die Meinung vieler Menschen, dass sie über ihr eigenes Leben hinaus die Aufgaben und Rollen anderer viel besser erfüllen könnten.
Erwin Henle, der bereits zum zweiten Mal in Rothenburg auf der Slambühne stand, sprach schnell und kritisch über die Künstlichkeit und die Fassaden in der heutigen Gesellschaft. Die Einzigartigkeit und Lebhaftigkeit der Menschen werde so verdeckt.
Die Publikumsjury wählte drei Finalisten aus: Lara Ermer, Miguel Fugaz und Daniel Hirschmann. Mit der inzwischen eingesetzten Dunkelheit kam die von Harald Köhler und Dieter Seiferlein installierte Beleuchtung erst richtig zur Geltung.
Lara Ermer erzählte, wie sie zu Beginn ihrer Slamkarriere eine satte Schreibblockade erlebte und diese klassisch überwand, indem sie diese zum Thema ihres Textes machte. Darin drückte sie ihre Liebe zur Sprache und zur Poesie aus.
Miguel Fugaz sprach sich in seinem Finaltext dafür aus, dass man sich seinen Ängsten stellen sollte anstatt sich von ihnen lenken zu lassen. Etwa um trotz Flugangst die Schönheit des Reisens zu entdecken oder trotz Angst vor Veränderung sich aktiv für demokratische Werte und ein bereicherndes Miteinander einzusetzen.
Doppelsieger gekürt
Daniel Hirschmann trug ein nachdenkliches Gedicht vor, in dem er sich mit Veränderungen und dem manchmal notwendigen Neuanfang der Menschen mit sich selbst auseinandersetzte.
Das begeisterte Publikum kürte Lara Ermer und Miguel Fugaz zu den Doppelsiegern des Freiluft-Poetry Slams. Als Preis erhielten sie jeweils eine solarbetriebene „kleine Sonne“, um die Sonne mit nach Hause und auf viele weitere Slambühnen zu nehmen. Der nächste Poetry Slam in Rothenburg steht schon vor der Tür. Er findet im Städtischen Jugendzentrum am Freitag, 28. Oktober, statt – zu den 24. Jugendkulturtagen im Landkreis Ansbach. mj/-ww-
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