Der verlorene Söder
Dämpfer zum Finale der 800-Jahrfeier machte zu schaffen
GESLAU – Satz mit x: War wohl nix. Es wurde nichts aus dem versprochenen Söder-Auftritt am Montagabend in Geslau. Nicht nur dem in froher Erwartung und zahlreich nach Geslau gepilgerten Publikum verhagelte das ordentlich die Stimmung. Die mit Wadlbeißerei und Charisma polarisierende Zugnummer der Union machte an diesem Abend eine Blitzkarriere durch vom geliebten verlorenen Sohn zum verlorenen Söder.

Albert Füracker hält den Euro hoch. Eidinger und Mohr (von rechts) schauen zu . Fotos: Weber
Pfiffe, Buhrufe und lange anhaltendes Murren haben den Ausklang des Jubiläums „800 Jahre Geslau“ in der fast vollbesetzten Festhalle in der Mitte des Dorfes begleitet. Wegen anderer terminlicher Verpflichtungen war der angekündigte bayerische Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder nicht gekommen. Derjenige, der als Erster ans Mikrofon trat an diesem Abend, um die Nachricht vom Fernbleiben des Mannes aus der allerersten Reihe der CSU zu verkünden, hatte schlechte Karten: Ortsvorsitzender Dieter Mohr. „Ich habe erst gerade auf der Fahrt hierher erfahren, dass er nicht kommt,“ hatte er gegenüber unserer Redaktion betont, bevor er auf die Bühne ging. Er versuchte das beste aus der Situation zu machen, kündigte einen „interessanten Abend“ an, richtete den Blick etwas auf die „Mutter aller Wahlen“ (Seehofer) zum Bundestag im Herbst nächsten Jahres und lenkte damit ab, sprach von tektonischen Verschiebungen in der Politlandschaft. Rechts von der CSU dürfe sich keine Partei legitimieren. Als er dann dem Publikum endlich reinen Wein einschenkte und herausrückte mit der Sprache, stand es kurz vor dem Eklat in der Geslauer Festhalle. Dabei hatte es sich schon unmittelbar vor Beginn wie ein Lauffeuer herumgesprochen, dass die CSU an diesem Abend wohl auf ihr Zugpferd werde verzichten müssen. Beim Einzug der Parteiprominenz aus dem Landkreis zum Frankenmarsch bestätigte sich das. Da war keine Spur von Söder. Dass man ohne den Finanz- und Heimatminister auskommen müsse, habe sich ganz kurzfristig ergeben, versuchte Mohr bei seiner Begrüßung übers Hallenmikrofon zu entschuldigen.

Mit Rechen: Bürgermeister Richard Strauß und Staatssekretär Albrecht Füracker (von links) in der „Schaffer“-Riege der Kinder.
Überaus heftige Unmutsäußerungen waren die Antwort. Mit Albert Füracker aus Neumarkt hatte sich ein anderes Mitglied des Münchner Kabinetts bereitgefunden einzuspringen. Er wurde bei der Begrüßung versehentlich zweimal zum Minister befördert. „Wenn das mein Minister erfährt, ist hier die staatliche Förderung weg,“ meinte er mit einem schelmischen Schmunzeln. Im übrigen sei er hier empfangen worden, wie er immer empfangen werde, wenn er Söder vertreten müsse, sagte er. Das sei sein Los als Ersatz. Dabei könne man sicher sein: Sein Minister wäre lieber hier als in Berlin, wo derzeit die Weichen gestellt werden müssen für ein nicht zuletzt für Bayern günstiges Ergebnis im Vermittlungsausschuss zum kommenden Erbschaftssteuergesetz. Als er vorher – im Anschluss an den Auftritt der zwei Geslauer Putzfrauen (siehe unten) – zusammen mit Bürgermeister Richard Strauß zum Rechen greifen und als Erntehelfer mit der als Handwerker und „Schaffer“ agierenden Geslauer Kinderschar zu Geier Sturzflugs „In die Hände gespuckt“ auf der Bühne in Aktion treten durfte, verrauchte der größte Unmut in der Halle etwas. In seiner Rede stimmte er in das Loblied des Gemeindeoberhauptes auf das Geslauer Jubiläum ein, auf die hier gezeigten alten Tugenden, auf die gut entwickelte und intakte Dorfgemeinschaft. Eine ausführliche Bilanz der bayerischen Erfolge von geordneten Finanzen bis Vollbeschäftigung durfte nicht fehlen. „Wir geben da nicht nach,“ betonte er zur Begrenzung der Zuwanderung auf vielleicht 200000 oder 300000 im Jahr. Außerdem müssten sich alle, die zu uns kommen, unseren Sitten und Gebräuchen anpassen und nicht umgekehrt. Das betreffe die Gleichberechtigung von Mann und Frau ebenso wie die selbstverständliche Gepflogenheit und Verpflichtung für jede und jeden in unserer Gesellschaft, das Gesicht zu zeigen. Als Präsent und als Dank aus Ges-lau durfte Albert Füracker ein von Thomas Eidinger aus Hufeisen geschmiedetes Euro-Zeichen mit nach Hause nehmen. -ww-
Schreibe einen Kommentar