Gerangel um die Mehrheit

Führungsstreit im Festspiel schlägt das nächste Kapitel auf – Leidige Inszenierung

ROTHENBURG – Der Machtkampf zwischen dem Festspiel-Vorsitzenden Harald Krasser und seinem Stellvertreter Josef Baumann geht in die nächste Runde – mit kuriosen Aktionen.

Wer blickt da noch durch: Beide Kontrahenten haben zu einer außergewöhnlichen Mitgliederversammlung eingeladen. Das Hin und Her gipfelt in einer Grundsatzdebatte um die Frage: Wer hat die Mehrheit hinter sich. Rund 950 Mitglieder zählt der traditionsreiche Historienverein, der momentan durch schwieriges Fahrwasser steuert. Das vor Wochen offen zutage getretene tiefe Zerwürfnis zeigte sich schon beim grotesken Nebeneinander des Unvereinbaren bei den parallel durchgeführten Veranstaltungen im Kaisersaal und im „Ochsen“. Die seinerzeit eingeladenen Ehrengäste reagierten bestürzt auf die Eskalation und warben eindringlich für wieder mehr Miteinander statt Gegeneinander.

Angezählt: der Vorsitzende Harald Krasser.

Angezählt: der Vorsitzende Harald Krasser.

Die Fronten blieben. Knapp ein Drittel der Mitglieder fordert einen Neuanfang ohne Harald Krasser, der seit fast 25 Jahren den Verein leitet, aber mit seiner Art auch immer wieder aneckt. Bei der letzten Vorstandswahl gehörte Josef Baumann noch zum Unterstützerkreis von Harald Krasser und half ihm, im Amt zu bleiben. Inwischen reden beide nur noch übereinander, nicht mehr miteinander. Es geht um Hierarchien und Respekt. Da bekommen Männlichkeitsrituale eine besondere Bedeutung.

Der erbitterte Streit erinnert an archaische Revierkämpfe. Josef Baumann, seit 20 Jahren im Festspiel bei den Kroaten aktiv, für die Auftritte der Pferdegruppe stellt er regelmäßig seine auffällig gezeichneten Knabstrupper zur Verfügung, nutzt seine Popularität, um die eigene Agenda voranzutreiben. Das steigert noch die Aggressiviät bei Harald Krasser. Der Vorsitzende ist angezählt. Fast ein Drittel der Mitglieder hat am 8. November den schriftlichen Antrag zu seiner Abwahl gestellt.

Unter Einhaltung einer Frist von einem Monat setzte Harald Krasser mit Bekanntmachung einer Zeitungsanzeige am 7. Dezember eine Mitgliederversammlung an: für Mittwoch, den 4. Januar, um 20 Uhr in der Reichsstadthalle. Ein Tagesordnungspunkt beinhaltet die Amtsenthebung seines Stellvertreters Josef Baumann. Außerdem stellt er seine eigene Abberufung zur Disposition.

Mit Oberwasser: Stellvertreter Josef Baumann.   Fotos: sis

Mit Oberwasser: Stellvertreter Josef Baumann. Fotos: sis

Als Reaktion auf die nach Meinung des Stellvertreters unmögliche und unakzeptable Terminierung in der ersten Kalenderwoche des neuen Jahres beraumte er eine Gegenveranstaltung ein, wo die Abberufung des Vorsitzenden erfolgen soll. Sie ist für den kommenden Samstag um 20 Uhr in die Mehrzweckhalle Dombühl angesetzt. In der zweiten Dezember-Hälfte sei in ganz Rothenburg und in der gesamten näheren Umgebung kein ausreichend großer Versammlungssaal an einem Samstagabend zur Verfügung gestanden, heißt es. Die Örtlichkeit muss rund 950 Vereinsmitgliedern die Mög­lichkeit zur Teilnahme geben und eine geheime Abstimmung bei der Wahl ermöglichen.

Harald Krasser sieht im Vorgehen seines Stellvertreters ein rechtswidriges Handeln und spricht von einer erneuten Kompetenzüberschreitung. Josef Baumann dagegen bekräftigte seine Einladung zur außerordentlichen Mitgliederversammlung: „Sie findet statt.“ Innerhalb des Vereins gibt es Bestrebungen und Gespräche, eine gemeinsame Lösung zu finden. Ein Insider, der sich darum bemüht, die Wogen der Rangkämpfe zu glätten, plädiert für eine Übergangsregelung, um die Pfingstfestspiele im nächsten Jahr sicherzustellen: „Danach wäre eine Neuwahl zur personellen Neuausrichtung sinnvoll.“ sis

3 Kommentare zu Gerangel um die Mehrheit

  1. Wolfgang sagt:

    Ich war 35 Jahre aktives Mitglied des Festspiels und bin der Meinung, dass Harald den Verein bis heute – mit viel Engagement – durch gute und durch schlechte Zeiten geführt hat. So einen „Abgang“ hat er wahrlich nicht verdient.
    Da sollten sich einige „Haraldgegner“ so richtig schämem !!

  2. Schmidt Hermann sagt:

    Nein, das ist kein Rothenburger Kasperltheater, sondern traurig und beschämend. Als ehemaliger Spielmannszügler kann ich nur mit dem Kopf schütteln.

  3. Klaus sagt:

    Rothenburger kasperletheather

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