Im feinen Anzug auf Weidegang
Britischer Thronfolger traf sich mit fürstlicher Verwandtschaft und Hohenloher Bauern
LANGENBURG – Mit kleinen Köstlichkeiten aus der fürstlichen Wibelesbäckerei im Café Bauer in Langenburg verließ der britische Thronfolger am Dienstag die Stadt und erwies sich zur Freude der Schaulustigen und der Medien als Königliche Hoheit zum Anfassen.
Wie ein „ganz normaler Mensch“ wirkte Prinz Charles, als er Montag nach der Landung auf dem Haller Flugplatz und seiner Ankunft vor Schloss Langenburg aus einem gepanzerten silberblauen 7er BMW mit Hybridantrieb stieg. Er besprach sich kurz mit seinem Neffen und Gastgeber, Philipp Fürst zu Hohenlohe-Langenburg. Dann schritt er unter dem Jubel einer rund 150-köpfige Menschenmenge, die ihn mit freundlichen Rufen „Welcome in Hohenlohe“ und „Hello, we are here“ willkommen hieß auf das Publikum zu. Zwei Teenager hatten extra ein Begrüßungsplakat für den „grünen Prinzen“ entworfen.
Trotz des unfreundlichen Wetters, der Himmel war mehr britisch-grau als königsblau, winkte der Gast im Anzug mit gestreifter Krawatte und weißer Nelke im Revers den Schaulustigen zu, schüttelte Hände, streichelte ein kleines schwäbisch-hällisches Hausschwein und probierte Öko-Wurst. Dann ging er, der daheim selbst in Öko-Landwirtschaft macht, ins Schloss, um mit Experten aus der Lebensmittelbranche über nachhaltige Landwirtschaft zu sprechen. Gleichzeitig traf er Freunde und Verwandte. Er verbrachte die Nacht im Schloss, wie vor mehr als fünfzig Jahren als er noch ein Teenager war.
Seit jeher pflegt das britische Königshaus, allen voran Charles Vater Prinz Philipp, einen engen Kontakt zur Fürstenfamilie zu Hohenlohe-Langenburg. Fürst Philipps Großvater Gottfried war mit Prinzessin Margarita verheiratet – der ältesten Schwester von Prinz Philipp, dem Mann der Queen. Elisabeth II. machte 1965 im Rahmen eines elftägigen Staatsbesuchs in Deutschland einen Abstecher zu den Verwandten in Langenburg.
Beim Besuch des Thronfolgers interessierten sich die Menschen in der knapp 1800 Einwohner zählenden Stadt weniger für die Verwandtschaftsverhältnisse. Hauptsache sie sahen den Prinzen. Vor dem Empfang auf dem Schloss besuchte seine Königliche Hoheit den Gründer und Chef der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Rudolf Bühler auf einer Weide in Cröffelbach im idyllischen Bühlertal und bekam einen handgefertigten Hut aus Schaffilz mit beigem Leinenband geschenkt. Das Symbol „eines freien und unabhängigen Bauern“.

Fürst Philipp neben Prinz Charles und seiner Stiefmutter Fürstin Irma sowie seiner Schwester Prinzessin Xenia (2.v.re) und Fürstin Saskia (3.v. li) und Ex-Außenminister Joschka Fischer (li). Foto: aku
Für den Rundgang tauschte Prinzessin Xenia, die Schwester des Langenburger Fürsten, ihre Pumps mit Gummistiefeln und erwies sich als wertvolle Hilfe beim Übersetzen. Der prominente Gast unterhielt sich auch angeregt mit Ecoland-Bauer Klaus Süpple (41) aus Bossendorf und mit Schäfer Daniel Voigt aus Michelbach an der Bilz über ein von ihm initiiertes Wollprojekt, mit dem er die Preise stabilisieren will. Ein rustikales Vesper war aufgetischt: Schwein, Rind, hausgemachter Blooz. Der Prinz griff zu und ließ es sich schmecken. Aber der königliche Besuch musste weiter nach Langenburg.
Hohenlohe war für ein paar Stunden Medienmittelpunkt durch den prominentesten Teilnehmer auf dem Langenburg-Forum. Rund 100 internationale Vertreter aus allen Bereichen der Produktion und des Handels mit Lebensmitteln nehmen an der Konferenz zu nachhaltigen regionalen Agrar- und Nahrungsmittelsystemen teil. Neben verarbeitenden Unternehmen und Lebensmitteleinzelhändlern, waren auch Landwirte, Umwelt- und Verbraucherschutzgruppen, Experten für Ernährungssicherheit, sowie Vertreter der Politik unter den Teilnehmern. Darunter auch Felix Prinz zu Löwenstein, die Prinzen Ludwig und Bernhard von Baden, Claus Hipp, Chef des gleichnamigen Herstellers von Babynahrung, sowie Rewe-Chef Alain Caparros. Auf der Konferenz überraschte Prinz Charles mit seinen guten Deutschkenntnissen.
Mit britischem Akzent, aber ohne zu stocken, gratulierte er den Veranstaltern zu ihren „enormen Anstrengungen“. Für die nachfolgende Rede ging der Thronfolger aber wieder zum Englischen über. Ziel des Symposiums war der Erfahrungsaustausch, wie die regionale Landwirtschaft und der Handel mit regionalen Erzeugnissen gefördert werden können.
Zum internationalen Langenburg- Forum hatte Philipp Fürst zu Hohenlohe-Langenburg eingeladen, gemeinsam mit der Beraterfirma von Ex-Außenminister Joschka Fischer, der einen Teil seiner Kindheit in Langenburg verbracht hat, und mit Unterstützung der von „The Prince of Wales“ ins Leben gerufenen „International Sustainability Unit“. Eingebettet in die Vorzeigeregion Hohenlohe mit der höchsten Dichte an Bio-Bauernhöfen in Europa, war Langenburg schon immer ein kulturelles und historisches Zentrum.
Mitorganisator Joschka Fischer, zeigte sich zuversichtlich: „Angesichts einer wachsenden Zahl der Weltbevölkerung wird die Ernährungsfrage immer mehr zu einer der Schlüsselfragen des Jahrhunderts“. Die Konferenz brachte marktdominierende Nahrungsmittelproduzenten, Handel, regionale Produzenten sowie Interessengruppen und politische Vertreter zusammen. Alexander Bonde, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg meinte: „Regionale Lebensmittel sind dabei nicht nur eine Chance für die heimische Landwirtschaft, sondern auch für die Gastronomie und den Tourismus. Die Menschen wollen ihre Urlaubsregion nicht nur erleben, sondern sie auch schmecken und genießen.“
In drei verschiedenen Diskussionsrunden tauschten sich die Experten über die Strukturen von Lebensmittelversorgungsketten und einer möglichen Steigerung deren Qualität aus. Beispiele aus der Vorzeigeregion Hohenlohe und aus internationalen Projekten zur Nutzung lokaler Lieferketten demonstrierten den Erfolg bereits bestehender Initiativen. Eines der Hauptziele des Forums war es, Partnerschaften zwischen Lebensmittelherstellern, Politikern und führenden Unternehmen der Lebensmittelbranche zu etablieren. Als krönenden Abschluss bereitete Starkoch Eckart Witzigmann mit einem Team von Sterneköchen aus saisonalen, regionalen Produkten das Abendessen für die Teilnehmer zu. Am Dienstagvormittag kurz vor seiner Abreise trug sich Prinz Charles noch in das Goldene Buch der Stadt Langenburg ein. Viele Bürger mit zahlreichen Kindern säumten erneut, wie Tags zuvor, die Straßen als Philipp Fürst zu Hohenlohe-Langenburg mit seinem Onkel (zweiten Grades) in einem offenen Alvis, Baujahr 1938 durch das Städtchen fuhr.
Im Ort traf Prinz Charles noch kurz mit Bürgermeister Wolfgang Class zusammen und besuchte die fürstliche Wibelesbäckerei, natürlich nicht ohne dort einzukaufen. Ob Camilla, die als Herzogin von Cornwall und britische Schirmherrin der Hilfsorganisation Emmaus in Paris weilte, wohl die kleinen Köstlichkeiten bekommt oder die Wibele eher als Mitbringsel für die beiden Söhne von Charles gedacht waren? Darüber kann nur spekuliert werden. aku/sis
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