Der Abriss droht

Ist das die Lösung für den städtischen Problemfall?

ROTHENBURG – Man mag sich gar nicht vorstellen, wie das wäre: Die Burggasse ohne die „Höll“. Die Rödergasse ohne das Fachwerk-Eckhaus gegenüber dem „Markusturm“. Die beiden Häuser mit ihrer baulichen Charakteristik tragen zur besonderen Qualität im Rothenburger Stadtbild bei. Die Abrissbirne ist ihnen erspart geblieben. Soviel Glück scheint einem denkmalgeschützten Haus im Krebengäßchen nicht beschieden zu sein. Die Stadt will den Verkauf mit Abbruchgenehmigung ausschreiben.

Die „Höll“: Der Kampf um den Erhalt des historischen Ensembles hat sich gelohnt.

Altes Gelump. Die „Höll“ zieht täglich die Blicke auf sich und ist ein begehrtes Fotomotiv. In den 1970er Jahren hat es die Familie Krebs aus Berlin vor dem Abriss gerettet. Das Haus befand sich in einem erbärmlichen Zustand. Nicht einmal geschenkt wollten es mögliche Interessenten haben. Die Familie Krebs scheute sich nicht vor der denkmalpflegerischen Herausforderung und gab ein Beispiel für gelungene Sanierung. Gegen heftige Widerstände setzte sie im Erdgeschoss und im Kellergewölbe eine Weinstube durch.  Der damalige Oberbürgermeister Alfred Ledertheil versuchte sogar, juristisch dagegen vorzugehen. In den Gäste-Kommentaren schwärmen Einkehrer vom „einmaligen Ambiente“ der Lokalität: „Dort muss man einmal gewesen sein“. Die Historie ist ein besonderer touristischer Anziehungspunkt.

Problemfälle können auch eine Chance sein und sind der Mühe wert. Auch die Judengasse ist ein schönes Beispiel dafür.  Von der Stadt darf man erwarten, dass sie bei ihren eigenen Immobilien eine Vorbildfunktion ausübt – durch die Stärkung der Altstadt als städtebaulich verträglicher Wohnraum und zum Erhalt historischer Strukturen. Der Verein Alt-Rothenburg spielt dabei eine wichtige Rolle
In den 70er Jahren stand auch das stattliche Eckhaus in der Rödergasse zur Disposition. Abreißen, entkernen oder sanieren wurden bei der Entscheidung erwogen. Architekten im Künstlerbund, die seinerzeit ein starkes Gewicht bei der Meinungsbildung hatten, Rothenburger Bürger und Anwohner machten sich für eine fachgerechte Sanierung des Gebäudes stark. Gott sei Dank kann man heute sagen.

Das denkmalgeschützte Haus im Krebengäßchen befindet sich in einem desolaten Zustand und musste schon vor Jahren notgesichert werden: Der offenkundige Verfall ist schon weit fortgeschritten. Fotos: Schäfer

Bei dem städtischen Haus im Krebengäßchen steht aktuell die Situation an, dass die Stadt ihre Entscheidung schon getroffen hat. Wenn kein Wunder geschieht, beendet die Abrissbirne die lange Leidenszeit des Wohnhauses. Der noch vorhandene Restbestand stammt aus der Zeit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Es ist sichtbar dem fortschreitenden Verfall ausgesetzt und inzwischen völlig baufällig. Die Stadt hat Notsicherungsmaßnahmen vorgenommen mit Anbringen von Sicherheitsnetzen, Abstützen von Mauern und Tragkonstruktion, um zu verhindern, dass Ziegel oder das ganze Dach herabstürzen und die Außenwand herauskippt.

Die früheren Eigentümer, ein Ehepaar, das sich trennte und dann seinen Hauspflichten nicht mehr nachkam, hatte die Problemsituation heraufbeschworen und noch verstärkt. Die Stadt bemühte sich vergeblich um eine einvernehmliche Lösung. Vor vier Jahren landete der Streitfall dann vor dem Verwaltungsgericht. Die Eigentümerin sah sich wirtschaftlich nicht in der Lage, die Kosten für Instandsetzungsarbeiten aufzubringen.  Dahinter steckte ein ernstes Problem, das inzwischen die Stadt als Eigentümer am Hals hat. Wie Oberbürgermeister Walter Hartl auf Nachfrage der Redaktion erklärte, habe man bisher vergeblich versucht, das Anwesen zu veräußern. Nun sei man übereingekommen, den Verkauf des Hauses mit Abrissgenehmigung für den Gebäudekomplex öffentlich auszuschreiben. „Natürlich würden wir uns eine bessere Lösung wünschen“, sagte er . Als Untere Denkmalbehörde ist der Stadt  eine gesetzliche Erhaltungspflicht auferlegt. Sie muss sich daran messen lassen, wie sie mit der von ihr geforderten Verantwortung  umgeht. Sind wirklich alle Möglichkeiten ausreichend ausgeschöpft?  Vielleicht tritt auch hier der Fall ein, dass es sich lohnt, um den Erhalt zu kämpfen. sis

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