Den eigenen Willen festhalten

Hospizverein bietet Beratung zu Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

ROTHENBURG – „Das hat doch noch Zeit, mir geht es gesundheitlich ja noch richtig gut.“ – So denken viele Menschen und schieben das Thema „Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht“ immer weiter vor sich her. Nicht nur, weil man sich generell nur sehr ungern mit dem Verlust der Eigenständigkeit und der eigenen Sterblichkeit beschäftigt, sondern auch, weil man unsicher ist, was wie wo geregelt wird. Doch dafür gibt es zum Glück nun Wolfgang Trum vom Hospizverein Rothenburg, der als Berater und Multiplikator Klarheit da­rüber schafft.

Wollen aufklären: Hospiz-Koordinatorin Uschi Memhardt und Wolfgang Trum, Berater für Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Foto: Scheuenstuhl

„Ich wollte etwas machen, was Spaß macht und sich lohnt“, erklärt der 74-Jährige seine Beweggründe, sich für den Hospizverein zu engagieren. 2017 beendete er seine Hospizbegleiterschulung. Schon damals war den Verantwortlichen des Hospizvereins klar, dass Wolfgang Trum das Zeug dazu hat, auch eine weitere, ganz besondere Aufgabe auszufüllen. Er war sofort damit einverstanden, sich an der Hospiz-Akademie in  Tutzing zum Berater/Multiplikator für Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht weiterbilden zu lassen.

Über vier Tage hinweg erarbeiteten sich er und 60 weitere Teilnehmer die medizinischen, juristischen und ethischen Aspekte für die Vorsorgeplanung am Lebensende. Darüber hinaus wurden sie natürlich auch in der Beratertätigkeit geschult. Mittlerweile hat er schon drei Vorträge gehalten. Er steht aber auch für Einzelberatungen zur Verfügung, etwa wenn jemand erstmals mit diesen Dokumenten zu tun hat, aber auch wenn es Fragen zu bereits ausgefüllten Verfügungen und Vollmachten gibt.
Letzteres ist gerade im Hinblick auf  eine Gesetzesänderung von 2017 wichtig. Denn dadurch wurden einige Punkte, die bislang nur marginal oder unklar geregelt werden konnten, überarbeitet. Zudem gibt es in den neuesten Vordrucken einen freien Platz, in dem man etwa seine Ansicht darüber kund tun kann, was Lebensqualität für einen selbst bedeutet. Generell ist es zu empfehlen, seine Patientenverfügung alle ein bis zwei Jahre mit einer erneut hinzugefügten Unterschrift „aufzufrischen“. Auf diese Weise kann man dem eventuellen Einwand begegnen, die Verfügung sei nicht aktuell.
Im Notfall nicht gültig
In einer Patientenverfügung ist vorsorglich geregelt, welche Behandlungsmaßnahmen ein Arzt durchführen darf und soll und welche nicht, für den Fall, dass man seinen eigenen Willen nicht mehr äußern kann. Diese Äußerung muss dabei nicht verbal erfolgen. „Eine Patientenverfügung heißt nicht pauschal, dass nichts mehr gemacht wird“, betont Uschi Memhardt, Koordinatorin beim Hospizverein. Und Wolfgang Trum ergänzt: „Im Notfall gilt die Patientenverfügung nicht, denn das Leben muss erhalten  werden.“
Etwa 45 Prozent der Deutschen (Stand 2017) haben eine Patientenverfügung. Doch obwohl sie in nur vier Prozent der Fälle letztlich auch zum Einsatz kommt, sollte man eine haben. Denn wenn keine vorliegt oder bestimmte Aspekte nicht darin geregelt sind, wird nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten gehandelt.
Wenn ein Patient seinen Willen nicht mehr äußern kann und dieser auch nicht schriftlich festgehalten wurde, muss sich der behandelnde Arzt an das Betreuungsgericht wenden, das dann einen Betreuer für den Patienten einsetzt. Denn beispielsweise Ehepartner sind nicht automatisch berechtigt, in einer solchen Situation für den anderen zu handeln. Auch Eltern dürfen dann nicht für ihre volljährigen Kinder entscheiden.
Der vom Gericht eingesetzte Betreuer wird beauftragt, sich um die Angelegenheiten – medizinische wie finanzielle und dergleichen – des Patienten zu kümmern. In etwa zwei Drittel der Fälle wird durchaus ein naher Angehöriger zum Betreuer bestellt, in einem Drittel der Fälle jedoch ein Berufsbetreuer. Dies lässt sich verhindern, indem man jemandem eine Vorsorgevollmacht erteilt.
Der darin Bevollmächtigte soll jemand sein, zu dem man „vollstes Vertrauen“ hat, empfiehlt Wolfgang Trum. Wichtig sei auch, mit ihm oder ihr über diese Aufgabe im Vorfeld zu sprechen. Man muss wissen, was auf einen zukommen kann wenn man die Betreuung übernimmt – denn im schlimms­ten Fall kann es nämlich bedeuten, über Leben und Tod eines geliebten Menschen zu entscheiden.
Gleiche Rechte für alle?
Es besteht auch die Möglichkeit, mehreren Personen für verschiedene Bereiche eine Vollmacht zu erteilen; beispielsweise wird der Tochter, die als Krankenschwester arbeitet, der medizinische Bereich anvertraut während sich der im Finanzwesen tätige Sohn um die rechtlichen Angelegenheiten kümmern soll. Allerdings rät Wolfgang Trum davon ab, in einer Vollmacht allen Kindern dieselben Rechte einzuräumen. Denn was gut gemeint sei, kann in der Praxis zu Problemen führen. Denn dann müssen bei Entscheidungen alle Bevollmächtigten einstimmig derselben Meinung sein.
Die Vollmacht ist (wie auch die Patientenverfügung) jederzeit änderbar. Sie sollte an einem dem Vorsorgebevollmächtigten bekannten Ort hinterlegt werden. Einmal vereinbart und dann nie mehr darüber sprechen – dies ist der falsche Weg. Laut Uschi Memhardt sollte man regelmäßig mit dem Bevollmächtigten im Austausch über die aktuelle Vorstellung zur medizinischen Behandlung und der anderen Angelegenheiten sein.
Dadurch ist der Bevöllmächtigte im Klaren darüber, was sich der Vollmachtgeber wünscht – für den Fall, dass gewisse Aspekte in der Patientenverfügung nicht explizit geregelt worden sind. Folglich ist die Vorsorgevollmacht wichtiger einzuschätzen. Eine Patientenverfügung ist aber dennoch sinnvoll, wenn eine Vorsorgevollmacht vorliegt, um dem Bevollmächtigten etwas Schriftliches mit an die Hand zu geben, den Willen des Vollmachtgebers umzusetzen.
Eine fehlende oder nicht eindeutige Regelung  in der Patientenverfügung führt bei schwer kranken Patienten im Akut- oder Notfall oftmals zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Hausarzt und Angehörigen, etwa über eine erneute Einweisung ins Krankenhaus, weiß Uschi Memhardt.  In den letzten Jahren habe sich aber viel im Hinblick auf die Palliativmedizin getan, vor allem weil diese nun Teil des Medizinstudiums ist. In den Kliniken ist die Frage nach einer Patientenverfügung mittlerweile auch Standard. Uschi Memhardts Ratschlag in solchen Fällen lautet, einen Notfallplan als Ergänzung zu der Patientenverfügung zusammen mit dem Hausarzt zu erstellen.
Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sind nicht nur ein Thema für Menschen im Herbst ihres Lebens. Auch Vertreter der jüngeren Generation können unvermittelt durch eine schwere Krankheit oder einen Unfall in die Lage geraten, ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln zu können. mes
Wolfgang Trum steht als Berater für Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sowohl für Vorträge als auch für Einzelberatungen (kostenlos) zur Verfügung. Er ist über den Hospizverein telefonisch unter 0151 / 548 093 53 oder per Email hospizverein-rothenburg@web.de zu erreichen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*