Auf innere Werte verwiesen
Berufsschule zeigt beim 100-Jährigen des Gebäudes Ausstattung und Geist
ROTHENBURG – Zur 100-Jahrfeier ihres Gebäudes am Bezoldweg am vergangenen Wochenende hat die Berufsschule die Gelegenheit genutzt, auch auf ihre inneren Werte und auf ihren speziellen Rang im Bildungsangebot der Stadt und der Region aufmerksam zu machen.
Der Festabend mit Führung durchs Haus mit vom gastronomischen Zweig gezaubertem Festessen für geladene Gäste am Freitagabend und der vielbeachtete „Tag der offenen Tür“ für alle Interessierten am Samstag mit Präsentation einer neuen Metallskulptur im Eingangsbereich setzten dabei die Akzente.
Zum Auftakt der Feierlichkeiten und dann auch im weiteren Verlauf wurde der Blick immer wieder auf „Hard- und Software“ der Einrichtung gelenkt. Dieses Bild aus dem Bereich von Computer und elektronischer Datenverarbeitung hatte stellvertretender Schulleiter Rainer Mittermeier bei seiner Begrüßungsansprache vor Gästen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung am Freitagabend gewählt, um den gesamten Komplex „Räumlichkeiten und Ausstattung“ sowie Geist der Einrichtung am Bezoldweg zu umreißen.
Den Blick in die Vergangenheit lenkte bei dieser Gelegenheit Schulleiter Dr. Friedhard Nichterlein. Er zeigte die Entwicklungen vor dem ursprünglich für die Realschule konzipierten Bau auf, präsentierte Ansichten aus der Bauzeit und beleuchtete das Wechselspiel der Standorte für die verschiedenen Schularten in Rothenburg.
Er sprach in diesem Zusammenhang unter anderem die zunächst provisorische Unterbringung der Berufsschule im Keller ab 1924 ebenso an wie den endgültigen Einzug nach dem Wechsel des Gymnasiums in den Neubau in der Bleiche und die dunkle und später entbehrungsreichen Zeit dazwischen.
In Sieberts Zeit
Dabei fiel auch der Name des früheren (1908 bis 1919) Rothenburger Bürgermeisters Ludwig Siebert, dessen Rolle in der NS-Zeit als späterer bayerischer Ministerpräsident alles andere als unumstritten ist. In der nationalsozialistischen Zeit sei aber weder das Schulhaus noch der Betrieb dort besonders auffällig gewesen, betonte Dr. Nichterlein. Unter den Fotos, die zu seinen Ausführungen groß auf die Projektionswand geworfen wurden, war auch eines, das eine uniformierte Formation in Reih und Glied vor dem Haus am Bezoldweg zeigte.
Beim Festabend kamen acht Schüler aus den verschiedenen Ausbildungsbereichen zu Wort. Sie warben mit ihren Worten und an ihrem Beispiel für die Laufbahn über die praktische Berufsausbildung mit Unterricht in der Einrichtung am Bezoldweg.
Mandy Braun, Malerin bei der Firma Leyerer in Schillingsfürst, machte den Anfang. Ihr folgten Kinderpfleger Konrad Schmitt, Metallbauer Patrick Weiß, Fleischer Nico Metzger von der Metzgerei Trumpp in Schillingsfürst, Systemgastronom Christian Ostarek von XXXLutz in Hirschaid, Hotelfachfrau Jessica Gebert vom Vitalhotel Meiser in Neustädtlein, Koch Patrick Federschmidt vom Strandhotel Seehof in Langlau und Kfz-Mechatroniker Benedikt Reinhardt vom Autohaus Schülein in Lehengütingen.
Franken habe einiges zu bieten, meinte Landrat Dr. Jürgen Ludwig anerkennend in seinem Grußwort beim Festessen. Das wollte er angesichts der aufgetischten Köstlichkeiten durchaus auch kulinarisch verstanden wissen. Er bezog das aber insgesamt auf die vielen Qualitäten unserer Region. Wir müssten sie erkennen und vermarkten, vor allem auch um dem Nachwuchs die hohe Lebensqualität hier bewusst zu machen und ihn damit hier zu halten. Die Jugend sei die Zukunft der Region, betonte er.
Leckeres Festessen
Die Köche des Gastronomischen Bildungszentrums mit ihren Lehrern Andreas Bonk und Dirk Richter hatten sich selbst übertroffen beim Festessen und die Hotelfachkräfte mit ihren Lehrern Johanna und Marco Juran standen ihnen in nichts nach. Die Gäste konnten sich eingangs an „Flying Buffets“ erfreuen mit Räucherforellenmus, Tatar von der Lachsforelle, Saiblingsterrine mit Dilldip, Kürbismus, Kürbiskuchen, Kürbispüreesuppe.
Als zweiten Gang gab es „Klare Petersilienwurzelsuppe mit fränkischen Maultaschen und grünen Grießnockerln“. Der Hauptgang bestand aus Kalbsfilet im Pilzmantel und Pfefferrahmsoße, geschmorten Ochsenbäckchen mit Rotweinsoße, Lamm- bratwürsten, gefüllten Kohlrabi mit Karottenpüree, gedünsteten Wirsingbällchen und Kartoffel-Mangold-Roulade.
Das Dessert war wieder als Buffet aufgebaut: flambierte Apfelspalten und Zwetschgen, Haselnuss-Krokant-Eis, gebrannte Krem, Birnen-Panna-Cotta, Joghurt-Hiffen-Eis, Fränkische Kirsch- torte. Dazu gab es korrespondierende Weine und Sekte.
Ein offizieller Akt beim „Tag der offenen Tür“ fand besondere Aufmerksamkeit und für den Anlass gab es viel Beifall. Die neue Skulptur des jungen Rothenburger Künstlers Alexander Fabi im Eingangbereich der Schule wurde eingeweiht. Die neue Kulturreferentin im Quartiersbüro, Johanna Kätzel, hielt die Laudatio und leuchtete dabei das Kunstwerk nach allen Regeln der kunstsinnigen und kunstverständigen Interpretation aus.
Letztendlich stelle die metallene Skulptur mit ihren zwei ineinander geschobenen elyptischen Körpern sehr viel mehr dar als pure Freude an der Form oder als rein ästhetischer Schmuck eines Gebäudes, betont sie. Mit seiner „Mandorla des Wissens“ (das italienische Mandorla bedeutet Mandel) verbildliche der junge Künstler, der im Übrigen an der Rothenburger Berufsschule einen Teil seiner preisgekrönten Ausbildung zum Metallbauer absolvierte, in dichtester und konzentriertester Form.
Er bringe damit den Sinn und die Funktion des Schulgebäude an sich sowie die moderne Philosophie eines ganzheitlichen Lehrens und Lernen an der Rothenburger Berufsschule auf den Punkt. Nicht zuletzt komme darin die Zuversicht der Schüler zum Ausdruck, ihren Start ins Berufsleben, ihre feste Verortung in unserer Gesellschaft mithilfe der Vorbereitung und Begleitung der Berufsschule zu meistern.
Mit namhaften Spenden haben VR-Bank und Sparkasse Rothenburg sowie Landwehrapotheke und die Firma Neuberger dazu beigetragen, dass das Kunstwerk erworben und außerdem der Nachbau eines früher dort stehenden alten Bücherschranks im Flur der Schule verwirklicht werden konnte.
Gespür fürs Wechselspiel
Die heutige Berufsschule war ursprünglich als neues Realschulgebäude vom Münchner Architekten Martin Mendler geplant worden, der einen der 75 Entwürfe für die Errichtung eines solchen Schulgebäudes bei einem Architekturwettbewerb im Jahr 1910 eingereicht und den dritten Platz erreicht hatte. Unter Vorsitz des damaligen Bürgermeisters Ludwig Siebert wurde der auf 315000 Mark bezifferte Kostenvoranschlag genehmigt und bereits im März 1912 mit dem Bau des Schulgebäudes begonnen.
Die Schule am Bezoldweg hat die zwei Weltkriege unbeschadet überstanden. Realschüler, Gymnasiasten und Berufsschüler wurden in den vergangenen 100 Jahren im „Haus des Lernens“ unterrichtet und ein Stück weit auf ihrem Bildungs- und Lebensweg begleitet. Lange Zeit wurde die Schule übrigens als „die schönste Realschule Bayerns“ gerühmt und durfte mit Bewilligung König Ludwigs III. den Namen „König-Ludwig-Realschule“ führen.
Beim „Tag der offenen Tür“ konnten sich die vielen Besucher davon überzeugen, dass das Haus mit Händchen und mit viel Gespür für das Wechselspiel von alt und modern zu einem Vorzeigestück in der Rothenburger Schullandschaft geworden ist. Vorführungen und Präsentationen gaben Einblick in die verschiedenen Bereiche. -ww-
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