Ersprießliches Tansania-Forum
„Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün“ – Probleme für Handwerkerschule
ROTHENBURG – Neuigkeiten aus dem Partnerdekanat in Tansania, aber auch Innenansichten rund um das unerschöpfliche Thema Afrika – dafür finden sich die Tansania-Freunde aus dem Dekanat Rothenburg alljährlich zusammen. Diesmal bereits zum 18. Mal.

Schulleiter Alphayo montiert Solarpaneele, die Sonnenlicht in elektrische Energie verwandeln, auf dem Dach. Fotos: privat
„Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün“ – so hieß es in dem Lied, das Dekan Gerhard Gross seiner einführenden Andacht zugrunde legte. Ein schönes Bild, das einen Bogen über die verschiedenen Aspekte des Tages spannte: Angefangen bei der Liebe, die auch in der Partnerschaftsarbeit das zentrale Motiv sein muss – bis hin zum Thema Landwirtschaft in Afrika.
Ambitioniert
Partnerschaftspfarrerin Beate Wirsching, die die Teilnehmer des Forums zu Beginn herzlich im sonnendurchfluteten Theatersaal des Wildbads Rothenburg willkommen geheißen hatte, brachte im Anschluss einen Überblick über den aktuellen Stand der Partnerschaftsarbeit. Sie berichtete noch einmal kurz über den bereichernden Besuch der Handwerkerlehrer aus Hai im hiesigen Dekanat und informierte dann über ein ambitioniertes Sponsorenlaufprojekt an der Oskar-von-Miller-Realschule, das der Handwerkerschule in Hai zugute kommen soll.
Schließlich gab sie auch den aktuellen Bericht von Barbara Kammleiter weiter, die zusammen mit ihrem Mann Rainer für die Handwerkerschule am Fuße des Kilimanjaro verantwortlich ist. Informiert wurde über den gegenwärtigen Stand verschiedener baulicher Maßnahmen, die vom Rothenburger Partnerdeka-nat unterstützt werden, wie zum Beispiel die Fertigstellung neuer Schulgebäude und die Umstellung auf Solarstrom.
Zu erfahren war auch, dass der Handwerkerschule neuerdings unangenehme Konkurrenz erwächst: Unseriöse „Institute“, die ebenfalls eine Handwerkerausbildung anbieten, schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Ohne für eine fundierte Ausbildung qualifiziert oder auch nur ausgerüstet zu sein, kassieren sie von gutgläubigen Eltern Schulgeld ab – und „nach ein bis zwei Jahren merken die Leute, dass die Schüler nichts gelernt haben und auch gar keine staatliche Prüfung machen dürfen“.
Keine einfache Situation für die Kammleiters in Hai: Schließlich ist „ihre“ Handwerkerschule auf 300 Schüler angewiesen, um den Schulbetrieb auf hohem Niveau aufrecht erhalten zu können.
Ein positives Zwischenfazit über das Landwirtschaftsprojekt in der Massai-Steppe und eine etwas besorgte Prognose über die Wetter- und Ernteentwicklung für das laufende Jahr beschlossen den aktuellen Bericht aus Tansania.
Womit man schon beim Thema des Referenten Dr. Ralf Schlauderer war: „Nachhaltige Landwirtschaft in Afrika“. Schlauderer lehrt an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf im Fach „Angewandtes Agrarmanagement“. Er arbeitete und forschte unter anderem im afrikanischen Benin.
Sein Ausgangspunkt ist eine Definition der Vereinten Nationen, wonach die „nachhaltige Entwicklung“ beschrieben wird als „Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne die Erfüllung der Bedürfnisse der künftigen Generationen zu gefährden“. Genannt werden hier drei miteinander verbundene Säulen: „Wirtschaftlicher Fortschritt, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz“.
Ums Überleben
Wie auf der ganzen Welt, so stehen diese Aspekte auch in Afrika im gegenseitigen Widerstreit. Verschärft aber eben dadurch, dass es in großen Teilen Afrikas tatsächlich ums tägliche Überleben geht.
Um in Afrika helfen zu können – wobei, so Schlauderer, das Ziel stets eine Hilfe zur Selbsthilfe ist, benötigt man einen Einblick in die gesellschaftliche Struktur. So ist in Benin wie auch zum Beispiel in Tansania, anders als bei uns, weder der Staat noch das Individuum, sondern der Stamm „die funktionierende Ebene“.
Die Folge: Individuelles unternehmerisches Voranschreiten wird im Keim erstickt. Denn sobald Erfolg sichtbar wird, kommt der Stamm, beziehungsweise die Großfamilie, und will ihren Teil abhaben. Folglich ist die Einstellung weit verbreitet, persönliches Engagament lohne sich nicht. Also, so Schlauderer, ist Kommunikation mit den Stammesführern unerlässlich.
Damit hängt die Erkenntnis zusammen, dass man den Menschen nicht irgendwelche westlichen Erfolgsrezepte von oben herab verordnen kann. Vielmehr geht es darum, ihre Ebene zu verstehen und den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Deshalb ist es für eine langfristige Zukunftsperspektive unerlässlich, so macht Schlauderer deutlich, schwerpunktmäßig in Bildung und Ausbildung zu investieren. Das wird nicht zuletzt auch als schöne Bestätigung für das Konzept der von Rothenburg unterstützten Handwerkerschule in Hai gesehen. bw
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