Mensch und Mythos

Sparkasse zeigt Bronzeskulpturen Bärbel Dieckmanns

ROTHENBURG – Zum architektonischen und wirtschaftlichen Aus­rufezeichen setzte die Sparkasse nun noch einen kulturellen Akzent. Mit Bärbel Dieckmann präsentiert sie eine hochkarätige Bildhauerin in den Räumen der neuen Hauptstelle am Kapellenplatz. Weitere Ausstellungen mit regionalen und überregionalen Künstlern sollen folgen.

Fesselnde Menschlichkeit in Bronze: Skulpturen in der neuen Sparkassen-Hauptstelle.Fotos: Düll

Fesselnde Menschlichkeit in Bronze: Skulpturen in der neuen Sparkassen-Hauptstelle. Fotos: Düll

„Wir freuen uns über Anfragen“, sagte Sparkassenvorstand Werner E. Thum vor dem Vernissagen-Publikum, darunter Bürgermeister Kurt Förster, Stadträte, die Landtagsabgeordneten Dr. Peter Bauer und Jürgen Ströbel sowie Gemeindeoberhäupter umliegender Gemeinden.

Bärbel Dieckmann lebt und arbeitet in Berlin. Geboren ist sie in Bielefeld, wo sie an der Fachhochschule studierte. Gefallen an Rothenburg fand die Anfang Fünfzigjährige schon in Kindheitstagen, als sie mit ihren Eltern die Tauberstadt – unter anderem auf den Spuren Tilmann Riemenschneiders – bereiste. Sie selbst ist heute eine mit renommierten Preisen bedachte Künstlerin. Ihre Werke finden sich an prominenter Stelle, so im Bun­des­finanz­ministerium und in verschiedenen deutschen Städten. Auch im Ausland, zu­letzt in Ungarn und China, feierte sie Ausstellungserfolge.

 

Bärbel Dieckmann erläuterte Besuchern ihre Werke.

Bärbel Dieckmann erläuterte Besuchern ihre Werke.

„Diese Mischung aus Menschenfiguren und Szenen der griechischen Mythologie“ habe ihn von Anfang an angezogen, bekannte Sparkassenchef Wer­ner E. Thum in seiner Rede. Dabei erinnerte er besonders an die Darstellung des Minotaurus, jenes „tragischen Mischwesens, gezeugt in einem Akt menschlicher Hybris, vital und kraftvoll, verurteilt zu Einsamkeit und Tod“, wie er formulierte.

Eben dieser monströsen Mythengestalt aus Menschenkörper und Stierkopf, gewinnt Bärbel Dieckmann eine zuvor nie gesehene Interpretation ab. Aus dem Minotaurus wird eine Minotaura. Das sei ihre ganz eigene Erfindung, lächelt sie nicht ohne Stolz.

Schon immer lieferte der kretische Stiermensch (im Ursprung eine Strafe Poseidons) eine Projektionsfläche für Auslegungen. Auch Dieckmann deutet die Figur neu. Aber sie verengt dabei nichts. Die Ungeheuerlichkeit der Minotauros-Figur offenbart plötzlich eine ganz andere, überraschende Seite: die des Weichen, Zarten und Liebevollen.

Beseeltheit

Bei der Arbeit zu ihren Bronze-Skulp­­turen modelliert Bärbel Dieck­mann mit Gips oder Ton, wovon wiederum die Form für den Guss hergestellt wird. Es ist nicht zuletzt ihre meisterliche bildhauerische Umsetzung anatomischer Präzision, die ihren Skulpturen Odem einhaucht.

Einen Schlüssel zu dieser Beseeltheit, zu diesem „Raum im Inneren“, wie der Katalog zur Ausstellung titelt, liefert aber auch die für die Künstlerin typische Oberflächengestaltung. Darin bricht sie jene Klassizität auf, die ihren Stil auf den ers­ten Blick zu prägen scheint.

Poren, Scharten, Riefen erhöhen die ohnehin intensive Berührungskraft, die Anmutung von Brüchigkeit und Sensibilität, die von ihren Figuren ausgeht. Nur manche von ihnen führen Namen, jede aber trägt eine Art menschlichen Resonanzkörper in sich.

Stilistisch ist Bärbel Dieckmann den Wegbereitern der Moderne wie Antoine Bourdelle oder Auguste Rodin näher als beispielsweise einem Alberto Giacometti oder Pablo Picasso. Überdehnungen, Experimentier- und Abstraktionslust finden sich hier weniger. Dafür aber eine immense, aus dem Unterschwelligen dringende Strahlkraft.

Die raue Haut ihrer Bronzekörper und -büsten inspiriert den sinnlichen Blick. Selten ist es wie beim Fragment des Ikarus athletische Dramatik, oft sind es bereits Nuancen, die ungemein fesseln: ein Hauch von Ermüdung, ein Anflug von Melancholie oder eine subtile Mundwinkelmimik wie bei dem faserfeinen Porträt der Tenorlegende Giuseppe Di Stefano (1921-2008), den Bärbel Dieckmann persönlich kann­te.

Es ist eine Ausstellung, die man gesehen haben sollte. Sie läuft noch bis zum 3. September. hd

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