Zwischenapplaus für den Landrat

Auch bei Unternehmerforum Thema: Verbundkliniken – Altbewährte Geschäftsmodelle zukunftsorientiert ausrichten

ROTHENBURG – Beifall erhält  der Landrat eher selten in diesen Tagen. Beim Unternehmerforum am Samstag in der Rothenburger Reichsstadthalle war das anders. Da gab es spontanen Zwischenapplaus für Dr. Jürgen Ludwig – und zwar ausgerechnet zu jenem Thema, das ihm derzeit Kritik einbringt.

Beim Unternehmer-Forum: Landrat (li.) und OB. Fotos: Weber

Beim Unternehmer-Forum: Landrat (li.) und OB. Fotos: Weber

Er war fast ein wenig überrascht und zeigte sich erfreut: Das tue gut. So etwas gebe es eher selten. Bei seiner Rede zur allgemeinen Situation im Landkreis war er unter anderem auch auf den Klinikverbund zu sprechen gekommen. Ohne um einige der dahinter liegenden, auf höherer politischen Ebene verursachten Probleme herumzureden, machte er deutlich: Die Bewohner des Landkreises haben das Schicksal ihrer Krankenhäuser in einem ganz wesentlichen Punkt selbst in der Hand.

Das dort vorgehaltene umfangreiche Leistungsspektrum könne nur dann erhalten bleiben, wenn es auch im erforderlichen Umfang genutzt werde. Der Landrat beziffert den Grad der Marktdurchdringung auf gerade mal 50 Prozent. Was bedeuten würde, dass für Landkreis-Bewohner die Kliniken nur in jedem zweiten Fall, der dort eigentlich zu behandeln wäre, die Anlaufstelle sind. Sie weichen auf andere Häuser außerhalb des Landkreises aus. Daran gelte es zu arbeiten und daran werde auch gearbeitet, gab der Landrat zu verstehen.

Auf den Prüfstand

Ganz ausdrücklich warb er für Vertrauen in die Krankenhäuser von ANregiomed und in ihre Leistung, in die Ärzte und in das Pflegepersonal. Die Kliniken seien gut ausgestattet und die dort beschäftigten Menschen machten gute Arbeit, unterstrich er. Ohne Wirtschaftlichkeit gehe es aber nicht. Er ließ durchblicken, dass nicht zuletzt auch die Kostenstrukturen in den einzelnen Häusern auf den Prüfstand müssen.

In vieler sonstiger Hinsicht hatte der Landrat positive Meldungen oder gar Rekorde mitgebracht nach Rothenburg. Mit zuletzt 58000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Landkreis sei eine neue Höchstzahl erreicht. Das sind glatt 20 Prozent mehr als 1992. Beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) habe der Landkreis 5 Milliarden Euro erreicht und den Wert von vor 15 Jahren glatt verdoppelt.

Das Gewerbesteuer-Aufkommen hat sich auf 85 Millionen Euro jährlich erhöht und damit den zweieinhalbfachen Wert von 1992 angenommen. Stolze 1,1 Millionen Übernachtungen wurden zuletzt gezählt pro Jahr, davon 40 Prozent allein in Rothenburg.

In seine 26 Schulen hat der Kreis seit 2004 – mit Förderung durch den Freistaat – immerhin 160 Millionen Euro investiert. Rothenburg ist da gut mit von der Partie: In Realschule, Gymnasium, Berufsschule, Gastronomisches Bildungszentrum (GBZ) ist viel Geld gesteckt worden bzw. wird noch gesteckt.

Mit derzeit insgesamt 5000 Studierenden im Landkreis mit den Hochschul-Standorten Ansbach (plus den neuen Außenstellen in Rothenburg und Feuchtwangen), Neuendettelsau und Triesdorf sei ein Wert erreicht, den noch vor nicht allzulanger Zeit wohl keiner für möglich gehalten hätte, betont der Landrat. Den frisch gegründeten Campus Rothenburg gelte es jetzt mit Leben zu erfüllen.

Oberbürgermeister Walter Hartl unterstrich in seinem Grußwort den Faktor Gemeinsamkeit beim Zustandekommen des Campus Rothenburg: „Wenn Wirtschaft und Politik an einem Strang ziehen, lässt sich viel erreichen.“ Für die Tauberstadt sei der Tourismus ein wichtiges Standbein, mache aber nur ein Drittel der Wirtschaftskraft aus. Zwei Drittel generieren sich aus Handel, Gewerbe und Industrie.

Die Stadt wisse, was sie an diesen Sparten habe und pflege sie. Mit Wirtschaftsmesse und Berufsinfotag unterstütze die Stadt, sorge dafür, dass sich die Unternehmen präsentieren können. Dass sich eine Reihe von Betrieben aktiv für die Integration von Flüchtlingen einsetzt, hebt er als gutes Beispiel hervor.

Eine große Aufgabe für Rothenburg sei die Erhaltung der Denkmäler und die Pflege des historischen Stadtbildes. Alte Steine seien unser Kapital, betonte der Oberbürgermeister, „sie kosten aber auch unser Kapital“.

Fast 200 Unternehmer aus den Sparten Industrie, Handwerk und Dienstleistung sowie Politiker und Behördenvertreter waren in der Reichsstadthalle versammelt. Beim Unternehmer-Forum, das den Firmenvertretern einmal im Jahr Gelegenheit gibt, sich auszutauschen und sich zu vernetzen, stand diesmal als fachliches Thema die zukunftsorientierte Ausrichtung altbewährter Geschäftsmodelle ganz oben auf der Agenda.

Referenten: Sigrid Steinbrenner und Professor Buerke.

Referenten: Sigrid Steinbrenner und Professor Buerke.

Professor Dr. Günter Buerke aus Ansbach von der Ernst-Abbe-Hochschule Jena referierte. Er ist Spezialist für marktorientierte Unternehmensführung mit den Forschungsschwerpunkten strategisches Marketing, Marktforschung, Produktentwicklung und Designmanagement, Kommunikation und Markenmanagement, Vertriebsmanagement, Unternehmensgründung und -führung. Mit E-Commerce (Elektronischer Handel, auch Internethandel, Onlinehandel) und Usability Engineering (Prozess, der parallel zur klassischen Planungs- und Entwicklungsarbeit die spätere Gebrauchs-tauglichkeit eines Systems sicherstellt) sowie Nachhaltigkeit im Kontext von CRS. Das Kürzel steht für den englischen Begriff „Corporate Social Responsibility“. Damit ist die gesellschaftliche Verantwortung für das Wirtschaften von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens umrissen.

Resümee des Professors nach vielen Beispielen aus den unterschiedlichsten Unternehmens-Bereichen: Altbewährte Geschäftsmodelle eignen sich durchaus und immer wieder für die zukunftsorientierte Ausrichtung. Das könne durch die Erschließung neuer Geschäftsfelder geschehen, durch die Ergänzung mit neuen Geschäftsmodellen, durch mehr „Open Innovation“ (Impulse von außen bewusst einbeziehen bei der Neuausrichtung) und auch durch die Aktualisierung des bestehenden Geschäftsmodells mit digitalen Elementen.

Ein Beispiel, wie sich bei einem Unternehmen die Weichen neu stellen lassen vom Auslaufmodell auf erfolgreiche Geschäftsfelder, exerziert die Firma Steinbrenner in Insingen vor. Unternehmerin Sigrid Steinbrenner zeigte bei ihrem Vortrag den Wandel vom früheren Laden zum Landmaschinenhandel mit Reparatur und von dort wiederum einerseits zum Haustechnik-Betrieb und andererseits zum Spezialisten für Schneidtechnik auf. Das Unternehmen ist mit seinen hochwertigen Trenn- und Schneidverfahren gut im Geschäft unter anderem bei Zulieferern der Autoindustrie.

Mit dem Energie-Einsparkonzept, wie es bei der Rothenburger Firma Ebalta umgesetzt wurde, hat die „Energieberatung für Industrie und Mittelstand“ aktuellen lokalen Bezug. Ergebnisse des Projektes beim in der Tauberstadt sitzenden langjährigen Marktführer für Deutschland in Spezialkunstharze für Formen- und Werkzeugbau, Designmodellbau und Gießereimodellbau: 53,6 Prozent Energie gespart bei der Beleuchtung, bei den Heizpumpen von 55 Prozent. Bei der Gesamteinsparung ergibt sich gar ein Wert von 60 Prozent.

Ritt durch die Energiewelt

An dem „Bilderbuchprojekt“, wie es die Referenten Peter Heinzel aus Landshut und Michael Büchler aus Schnelldorf gern bezeichnen, lässt sich das Thema „Energiesparen im Mittelstand“ trefflich und mit einer Vielzahl von Aspekten in aller Tiefe darstellen. Der Vortrag wurde zum Ritt durch die Energiewelt und durch das weite Feld der Förderprogramme für weniger Energieverbrauch. Die Vortragenden kommen vom EffizienzWerk, einem professionellen Beraternetz für Unternehmen im Bereich Energie und Ressourcen.

Als Veranstalter des Unternehmerforums 2017 in der Reichsstadthalle haben der Landkreis Ansbach mit seiner Wirtschaftsförder-Abteilung und die Stadt Rothenburg mit ihren Wirtschaftsförderern zusammengewirkt. Förderer der Reihe sind die Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Neben dem Unternehmerforum gilt der traditionelle Sommerempfang Wirtschaftsvertretern als gute Gelegenheit, sich zu treffen und auszutauschen. Er findet diesmal in der wieder zum Schmuckstück aufpolierten Alten Vogtei in Wolframs-Eschenbach statt, kündigte der Landrat erfreut an. Termin ist der Montag, 24. Juli. -ww-

2 Kommentare zu Zwischenapplaus für den Landrat

  1. Jakobi Manfred sagt:

    Zur Aussage von Landrat Dr. Ludwig: „Die Bewohner des Landkreises haben das Schicksal ihrer Krankenhäuser in einem ganz wesentlichen Punkt selbst in der Hand.“

    Ein wesentlicher Punkt ist, dass seit 2005 fast alle Mitglieder der Klinik-Verwaltungsratsgremien ihrer laut Satzung festgelegten Zuständigkeit – die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands – nicht nachgekommen sind.
    Bis zu den nächsten, für die Besetzung des ANregiomed-Verwaltungsrats relevanten Wahlen ist die Zeit viel zu lang.

    • Wagner.Herrngasse sagt:

      Herr Jakobi..

      das Hauptproblem des Gesundheitswesens allgemein ist,dass die Entscheidungsträger in Politik und Vorständen in der Regel keinerlei Ahnung von Pflege oder ärztlichem Tun haben sondern alles nur von der finanziellen Seite her angegangen wird.

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