Erben mit Abzügen

Große Politik beim Jahresempfang der lokalen Wirtschaft

ROTHENBURG – Wenn man erfahren möchte, wer in Wirtschaft und Politik in der Region maßgeblich ist, dann gibt es dafür einen Pflichttermin in Rothenburg: Der Jahresempfang des örtlichen IHK-Gremiums im Wildbad. Bei seiner mittlerweile 9. Auflage wurden die Entwicklungen vor Ort durch Vorsitzenden Dr. Gerhard Walther thematisiert. Zudem referierte mit Gabriele Wanke eine ausgewiesene Fachfrau über die aktuelle Reform des Erbschaftssteuerrechts.

Tradition: Beim IHK-Jahresempfang treffen sich Vertreter aus Wirtschaft und Politik zum gemeinsamen Austausch.     Fotos: Scheuenstuhl

Tradition: Beim IHK-Jahresempfang treffen sich Vertreter aus Wirtschaft und Politik zum gemeinsamen Austausch. Fotos: Scheuenstuhl

Nicht im großen Theatersaal, wo gerade Bodenarbeiten anstehen, sondern im ebenso malerischen Rokokosaal des Wildbads spürte man nach, was Wirtschaft und Politik in Rothenburg zur Zeit bewegt. Gremiums-Vorsitzender Dr. Gerhard Walther konnte hierbei zahlreiche Vertreter aus diesen zwei Bereichen begrüßen: Bürgermeister aus Stadt und Land, Stadträte, die Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaften, Kreisräte sowie die Wirtschaftsförderer des Landkreises und der Stadt Rothenburg und natürlich auch einige Unternehmer. Krankheitsbedingt fanden sich allerdings nicht alle 100 angemeldeten Personen zu dem Treffen ein.

Dr. Gerhard Walther freute sich dennoch über die Jahr für Jahr immer größer werdende Zahl an Teilnehmern. In seiner kurzen Ansprache ging er auf vier Punkte ein, die den Wirtschaftsstandort Rothenburg momentan umtreiben: Da ist zum einen die große Erfolgsmeldung aus dem vergangenen Jahr: „Wir werden Hochschulstandort.“

Bereits ab diesem Herbst soll der Studienbetrieb des Campus Rothenburg in der ehemaligen Luitpoldschule mit dem Studienfach „Interkulturelles Management“ starten. Neben seinem Dank für das „hervorragende Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft“ in dieser Angelegenheit, appelierte der Vorsitzende an die Unternehmen, sich an der Stiftungsprofessur zu beteiligen – falls noch nicht geschehen.

Gemeinsame Investition

Zum anderen gibt es eine weitere „Baustelle“, mit der viele Hoffnungen verbunden sind: Für die Renovierung des Gastronomischen Berufsbildungszentrums (GBZ) investieren Landkreis und Industrie- und Handelskammer zusammen etwa 2,5 Millionen Euro. Dadurch soll die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes erhalten und das Bildungsangebot „sowohl in der Breite, als auch in der Tiefe ausgebaut werden“.

Auch für die im Juni anstehende Wirtschaftsmesse rief Dr. Gerhard Walther zur Teilnahme auf. Als letzten Punkt brachte er das von der Politik geplante Bargeldlimit von 5000 Euro zur Sprache. Seine persönliche Überzeugung: Eine derartige Obergrenze sei ein „nicht hinzunehmender Eingriff in die Privatsphäre der Menschen“.

Man verlor sich an diesem Abend aber nicht in der örtlichen Wirtschafswelt, sondern hatte auch Entscheidungen auf Bundesebene im Blick, namentlich die Reform des Erbschaftssteuerrechts. Diese Neugestaltung wird laut Dr. Gerhard Wal­ther „Familienunternehmen und inhabergeführte Betriebe mit voller Wucht treffen“. In diesen Tagen laufen die entscheidenden Gespräche. Die Koalition ringt um einen Konsens in dieser Frage. Für eine Einschätzung, wie das Gesetz letztlich ausgestaltet sein könnte, wurde Gerlinde Wanke eingeladen.

Abgesehen von ihren diversen Aufsichtsrat- und Verwaltungsmandaten ist die studierte Betriebswirtin auch Mitunternehmerin eines mittelständischen Familienunternehmens und ehrenamtliche Vorsitzende des Finanz- und Steuerausschusses des Deutschen Industrie- und Handelskammertags sowie Vorsitzende des Rechts- und Steuerausschusses der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Durch die Mitwirkung in diesen Gremien hat sie Zugang zu den politischen Entscheidungsträgern.

Karlsruhe kippte Gesetz

Bis Ende Juni muss der Gesetzgeber eine Neuregelung für die Erbschaftssteuer erarbeiten. Dies hat ihm das Bundesverfassungsgericht 2014 aufgetragen, als es wesentliche Teile der bislang gültigen Steuervergünstigungen für Firmenerben kippte und strengere Regeln verlangte. Mit dem Urteil aus Karlsruhe wurde jedoch nicht die grundsätzliche Überzeugung bestritten, dass Familienunternehmen teilweise oder auch vollständig von der Erbschaftssteuer befreit werden können, um ihre Existenz und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu erhalten.

Referentin: Steuerfachfrau Gerlinde Wanke.

Referentin: Steuerfachfrau Gerlinde Wanke.

Da es eine „ideologisch geprägte Steuer“ ist, so die Fachfrau aus der Oberpfalz, werde die Diskussion darum auch auf dieser Ebene geführt. Bei der momentan herrschenden Planungsunsicherheit seien ihres Ermessens nach diejenigen Unternehmen am besten dran, die ihre Nachfolge schon lange geregelt haben. Denn zum einen werde es eine Verschonung des Betriebsvermögens in der bisherigen Form wohl so nicht mehr geben. Im Gespräch ist, dass es ab einem Betriebsvermögen von 26 Millionen Euro eine sogenannte „Bedürfnisprüfung“ geben soll, bei der der Erbe nachweisen muss, dass ihn die Zahlung der Erbschaftssteuer finanziell überfordern würde. Und zum anderen besteht die Möglichkeit, dass der Gesetzgeber eine Rückwirkung der Neuregelung festsetzt.

Gerlinde Wanke mahnt an, dass die Reform neue Probleme aufwerfen wird: So führe sie auch zu Rechtsunsicherheit und erhöhe den administrativen Aufwand, ohne verfassungsrechtliche Zweifel vollends zu beseitigen. Eine grundlegende Neukonzeption sei politisch zurzeit kaum umsetzbar. Dies habe der Gesetzgeber mit seiner bewussten Entscheidung für eine Minimallösung versäumt. „Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet nur eine temporäre Abschaffung der Erbschaftssteuer“, ist die Steuerfachfrau überzeugt. mes

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