Momente der Glückseligkeit
Kulturkritik: Schmidbauer und Kälberer begeistern bei ihrer Abschiedstournee unterm Sterndach
ROTHENBURG – Werner Schmidbauer und Martin Kälberer haben im Rahmen ihrer Abschiedstournee „Wo bleibt die Musik?“ die Spielzeit 2015/2016 bei Kunst Kultur Korn beendet. Dieses somit doppelte Finale einer wieder einmal großartigen Saison mit wunderbaren Künstlern stellte einen Höhepunkt voller Lebensfreude dar, füllte die Kornhalle bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten.

Mit großer Begeisterung unterm Sterndach: Schmidbauer (r.) und Kälberer. Foto: Castelo
2010 gastierte das Duo schon einmal in der Kornhalle, musikalisch sind die beiden aus dem Fernsehen bekannten Bayern allerdings schon seit über 20 Jahren gemeinsam tätig. Die Tour zum Album „Wo bleibt die Musik?“ begann bereits vor anderthalb Jahren, wurde im Rahmen des Entschlusses, eine kreative Pause einzulegen, stark verändert und beinhaltete nun eine bunte Mischung aller Stücke des Liedermachers Schmidbauer und des Instrumentalisten Kälberer.
Im Sommer wird sie gipfeln in einem Auftritt beim Münchner Tollwood-Festival und bei zwei Konzerten in Rosenheim, dem „Finale dahoam“.
Schmidbauer und Kälberer blicken auf 11 gemeinsame Alben und 1500 Konzerte seit 1997 zurück. Schmidbauer schreibt nicht nur Lieder mit Tiefgang, Witz und ausschließlich in seinem oberbayerischen Dialekt, er unterhält das Publikum auch ausgiebig und amüsant mit Geschichten zur Entstehung und zu den Hintergründen der Stücke. Aktueller denn je spielt das Duo zum Beispiel „Die ganz große Kunst“ zur Flüchtlingsproblematik, deren Ausmaße beim Schreiben des Stücks vor fünf Jahren ja noch nicht zu erahnen war.
Die Texte sind gesellschaftskritisch ohne politisch zu sein, was sich besonders im Titelsong „Wo bleibt die Musik?“ oder im fröhlichen „Mandela“ offenbart, aber auch persönlich und positiv („Lass uns feiern“, „Glück g’habt“, „Momentnsammler“). Im Vordergrund stehen immer das Leben, die Menschlichkeit und das Gefühl, häufig betrachtet mit einer guten Portion Humor.
Auch der Multi-Instrumentalist Kälberer strahlt während des gesamten Konzerts wahre Glücksgefühle und Ergriffenheit aus. Es ist offensichtlich, dass er seine zahlreichen und oft ungewöhnlichen Instrumente und die Arbeit daran liebt. Nur einmal ergreift er das Wort, als er die Hang als außergewöhnliches Instrument aus der Schweiz beschreibt, die das Duo seit zehn Jahren begleitet. Sie besteht aus zwei miteinander verbundenen Halbkugelsegmenten aus Pang, einem speziellen Stahlblech. Auf der oberen Halbschale befinden sich Klangfelder, die – ähnlich wie bei der Steelpan – ins Blech eingearbeitet sind. Im Stück „Südhang“ wird der wunderschöne sphärische Klang demonstriert, von dem man kaum glauben kann, dass er nicht elektronisch erzeugt ist.
Die beiden Musiker genießen auch nach all den Jahren die Zusammenarbeit auf der Bühne. Sie verkörpern die Aussagen ihrer Lieder, feiern das Leben, sind glücklich, nachdenklich, dankbar. Schmidbauer sagt selbst, die letzten paar Jahre hatten sie unaufhörlich das Gefühl, dies sei ihre Zeit. Sie hätten sich jedoch schon ganz zu Anfang versprochen, aufzuhören, wenn es am schönsten ist. Ob sie irgendwann wieder zusammenarbeiten werden, lassen sie offen.
Hautnah-Atmosphäre verlieh dem Konzert einen sehr persönlichen Anstrich, was vom Rothenburger Publikum besonders gewürdigt wurde. Es spendete tosenden Applaus, tanzte, sang, klatschte, schnippte mit. An diesem Abend passte einfach alles zusammen. cas
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