Mit harten Strafen gedroht

Die Einführung der Reformation war ein langfristiger Prozess gewesen

ROTHENBURG – Geschichte lebendig gemacht: Im Rahmen der winterlichen Vortragsreihe des Vereins Alt-Rothenburg sprach am vergangenen Freitag im Gasthof „Zur Glocke“ vor rund sechzig Zuhörern die britische Historikerin Alison Rowlands über wesentliche Aspekte der Durchführung der Reformation in Rothenburg und seinem Herrschaftsgebiet, der „Landwehr“.

Geschichte spannend erzählen: Prof. Alison Rowlands und der Alt-Rothenburg-Vorsitzende Dr. Markus Naser.    Foto: J.Ehnes

Geschichte spannend erzählen: Prof. Alison Rowlands und der Alt-Rothenburg-Vorsitzende Dr. Markus Naser. Foto: J.Ehnes

Die Professorin hat sich mit ihren maßgeblichen Veröffentlichungen über die Rothenburger Hexenprozesse der frühen Neuzeit einen Namen gemacht. Sie hat an den englischen Eliteuniversitäten Oxford und Cambridge studiert und lehrt momentan an der Universität Essex.

Gebsattel war ein Sonderfall

Der erste und frühe Versuch, in Rothenburg die Lehre Luthers einzuführen, scheiterte 1525 im Zusammenhang mit dem Bauernkrieg. Erst ab 1544 gelang es dann, das evangelische Bekenntnis für die rund 5000 Einwohner der Reichsstadt und die Bevölkerung der Landwehr, die ungefähr 12000 zählte, einzuführen. Von 1559 stammt die erste protestantische Kirchenordnung Rothenburgs, die auf den bekannten württembergischen Theologen Jakob Andreae zurückgeht; zwei weitere folgten 1611 und 1668.

Natürlich waren die Pfarrer in Stadt und Land die Hauptvermittler der neuen Lehre. In der Stadt selbst gab es hier offenbar keine Probleme, in den Landpfarreien dauerte es bis 1567, um überall evangelische Prediger zu installieren. Gebsattel, dessen Kirche unter dem Patronat des würzburgischen Stifts Comburg (bei Schwäbisch Hall) stand, war ein Sonderfall.

Seit 1584 amtierte hier ein katholischer Priester, die evangelischen Bürger gingen nach St. Leonhard (Siechhaus) zur Kirche, in den Wirren des 30-jährigen Krieges wanderten 12 evangelische Familien ab, als die katholische Gegenreformation durchgeführt wurde. Erst mit dem Westfälischen Frieden, der 1648 den verheerenden Krieg beendete, wurde die bis dahin immer wieder gefährdete Rechtslage Rothenburgs sicher. Die städtischen Verordnungen blieben seitdem maßgeblich für die religiösen Angelegenheiten im Rothenburger Territorium.

Kopf ab wegen Ehebruchs

Probleme gab es allerdings mit dem Markgraftum Ansbach, das in sieben Rothenburger Pfarreien, darunter Insingen und Bettenfeld, das Patronatsrecht besaß und gelegentlich die Rothenburger Kirchenvisitationen behinderte. Bis zum Dreißigjährigen Krieg gelang es der Stadt, eine leistungsfähige und zuverlässige Kirchen­organisation mit qualifiziertem Personal aufzubauen.

In der Katastrophe des Krieges brachen dann allerdings vor allem auf dem Land Kirchen- und Schulwesen weitgehend zusammen. Manche Kirchen waren baufällig. In Ohrenbach hatten Soldaten die Fenster zerschlagen, um an das Blei zu kommen, aus dem man Kugeln goss. Erst 1672 konnte die letzte Pfarrstelle in der Landwehr wieder besetzt werden.

Natürlich legte die Stadt großen Wert auf geeignete Pfarrer, die eine gute Ausbildung erfahren hatten. In der Regel bekam man auch solides Personal, doch es gab gelegentlich Ausnahmen. Ein aufsehenerregendes Ereignis war 1626 die Enthauptung des Spielbacher Pfarrers Hans Georg Hopf wegen Ehebruchs. Hopf war ein übermäßiger Trinker mit schlechten theologischen Kenntnissen.

Ein negatives Beispiel gab auch Johann Kraft, ab 1669 Pfarrer in Tauberscheckenbach, dann in Spielbach und anschließend wieder in Tauberscheckenbach. Er trank, kümmerte sich nicht um die Schule und stritt mit seiner Frau.

Der Ärger der Gemeinde über ihn war schließlich so groß, dass man den Gottesdienstbesuch mied. 1692 wurde er fast in einen Prozess wegen Hexerei verwickelt, als der im Machtkampf mit der Stadt liegende Superintendent Kirchmeier eine Giftmörderin überredete, den Pfarrer zu denunzieren.

Zur Überprüfung von Pfarrern und Kirchengemeinden führte die Stadt regelmäßig Visitationen durch, bei denen letzten Endes die Vertreter der Stadt und nicht die Geistlichen das Sagen hatten. Bei der Befragung der Gemeindemitglieder stellte man oft nur eine geringe Kenntnis des Katechismus fest. Um die theologische Bildung der Pfarrer zu fördern, ließ der bedeutende Superintendent Johann Ludwig Hartmann (1666 – 1680) regelmäßig Fortbildungs-Synoden durchführen.

Professionelle Segensprecher

Zur Hebung des Glaubens und des Lebenswandels erließ der Rothenburger Rat eine große Zahl von Edikten, Mandaten und „Policeyordnungen“, die die Pfarrer von der Kanzel verlesen mussten. Man wollte in einer Mischung von Strafandrohungen und gutem Zureden das Volk disziplinieren, um das Seelenheil zu fördern. Es ging immer wieder um das Gleiche: das Tanzen, das Wirtshaussitzen, den Besuch der Gottesdienste, das Fluchen und Gotteslästern. Auffällig sind die vielen Verordnungen gegen die Zauberei und das „Segensprechen“. Der Aberglaube muss damals noch sehr weit verbreitet gewesen sein.

Es gab professionelle Segensprecher, teilweise Hirten oder Müller, die den Menschen mithilfe von Amuletten und Ritualen Schutz und Hilfe für die Familie oder das Vieh vorgaukelten. Möglicherweise hat der Dreißigjährige Krieg die Neigung zur Volksmagie verstärkt, denn viele Soldaten glaubten, auf diese Weise unverwundbar zu werden. Die vom Rothenburger Rat angedrohten Strafen für die Zauberei reichten vom Prangerstehen bis zur Todesstrafe. In der Praxis beließ man es allerdings bei Ermahnungen und Geldbußen, gelegentlich kam es zur Landesverweisung.

Genutzt haben diese vielfältigen Versuche der Sozialdisziplinierung wohl nicht allzu viel, denn sonst hätte man sie nicht andauernd wiederholen müssen. Die Obrigkeit und die Geistlichkeit erwarteten vermutlich einfach zuviel von den Menschen. Als Fazit ihrer Forschungen verwies Prof. Rowlands noch einmal darauf, dass die Reformation kein einmaliges Ereignis, sondern ein langfristiger Prozess gewesen sei.

Nach den Wirren des Dreißigjährigen Krieges kam es zu einer Art „Neureformation“, die vieles, was vor dem Krieg bereits vorhanden gewesen war, wieder neu schaffen musste. Insgesamt stärkte die Reformation die Position des Stadtrats gegenüber der Kirche und den Untertanen. Und schließlich war die Durchführung der Reformation auch ein „Verhandlungsprozess“, in dem es die Stadt mit den politischen Nachbarn, der Geistlichkeit und den Untertanen zu tun hatte. rs

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