Zehn Minuten für ein Leben

Blutspender machen ihren Mitmenschen das schönste Geschenk

GESLAU – Es ist einer der deutlichsten Ausdrücke von Solidarität: Anderen Menschen etwas ganz Persönliches von sich zu geben, damit sie gesund werden – auch wenn man sie gar nicht kennt. Zahlreiche Blutspender im Altlandkreis verstehen dies als Selbstverständlichkeit. Mit dem heutigen Weltblutspendetag soll der Notwendigkeit ihres Einsatz für die Mitmenschen Nachdruck verliehen werden.

Gebietsreferentin Susanne von Brand zu Neidstein kümmert sich um die Terminorganisation.

Gebietsreferentin Susanne von Brand zu Neidstein kümmert sich um die Terminorganisation.

Rund zwanzig Personen stehen im Eingangsbereich der Geslauer Volksschule brav in einer Reihe. Nach und nach geht es in Richtung Tafel, wo sie zwei Zettel bekommen. Am Ende des Tages werden es 95 sein, die die Einwilligungserklärung und den Anamnesebogen ausgefüllt haben. 87 von ihnen bekommen vom Arzt nach einer kurzen Untersuchung „grünes Licht“: Sie dürfen Blut spenden. Dieses Mal sei der Termin in Ges-lau etwas schwächer besucht gewesen, als gewöhnlich, weiß Susanne von Brand zu Neidstein. Als Gebietsreferentin beim Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes ist sie für die Terminorganisation und die Spenderbetreuung zuständig. Der Ertrag mag diesmal zwar etwas geringer sein. Er ist aber dennoch unentbehrlich. Denn jeden Tag werden in Bayern 2000 Blutkonserven benötigt. „Vielleicht komme ich selbst einmal in die Lage, eine Bluttransfusion zu brauchen“, begründet Werner Meyer aus Dornhausen sein Engagement. Blutspenden ist bei ihm so ­etwas wie eine Familientradition. Auch Frau und Tochter sind regelmäßig bei den Spendeterminen mit dabei. Seit 20 Jahren spendet er Blut und er habe dabei „nie Probleme“ gehabt. „Ich werde das solange machen, wie es geht“, verspricht der 55-Jährige Dornhausener. Die Angst, dass es einem beim Anblick des Blutes schlecht wird oder dass der Körper durch den „Blutverlust“ kurzzeitig schlapp macht, hält viele Menschen von einer Blutspende ab. Susanne von Brand zu Neidstein hat hierfür eine Lösung parat. Zum einen reicht es völlig aus, wenn das medizinische Fachpersonal einen Blick auf das Blut und die Nadeln wirft. Und zum anderen apelliert sie nachdrücklich die goldene Regel des Blutspendens zu befolgen: Vor der Blutspende – am besten schon die Tage zuvor – ausreichend essen und trinken, damit der Körper Ressourcen aufbaut.

Kleiner Pikser mit großer Wirkung: Sonja Schwab (2.v.l.) spendet regelmäßig Blut.    Fotos: Scheuenstuhl

Kleiner Pikser mit großer Wirkung: Sonja Schwab (2.v.l.) spendet regelmäßig Blut. Fotos: Scheuenstuhl

Zwar werden bei der zehnminütigen Spende „nur“ 500 Milliliter Blut entnommen. Aber der Körper merkt schon, dass ihm kurzfristig etwas fehlt. Denn Blut wird schließlich nicht umsonst auch als „Lebenssaft“ bezeichnet. Um die Spender nach ihrem Einsatz aufzupäppeln steht für sie immer eine Stärkung bereit: Fleißige Ehrenamtliche aus dem Rotkreuz-Verband kochen Kaffee und schmieren belegte Brötchen. Dieser gesellige Teil hat zudem den positiven Nebeneffekt, dass die Spender noch eine Zeit lang in der Nähe eines Arztes sind, sollte es doch einmal zu Problemen mit dem Kreislauf kommen. Spender- und Empfängerschutz ist die oberste Maxime des Blutspendedienstes. Neben dem medizinischen Kurz-Check jedes Spenders (Blutdruck, Temperatur, Puls, Haut und Hämoglobin-Wert) wird auch das entnommene Blut auf etwaige Erreger hin untersucht. Das Blut wird dem Empfänger heutzutage auch nicht mehr in seinem natürlichen Zustand verabreicht, sondern zuvor in seine wesentlichen Bestandteile aufgeteilt – Ery­throzyten (rote Blutkörperchen), Thrombozyten (Blutplättchen) und das Blutplasma. Der Patient bekommt immer nur den Teil des Blutes, den er für seine Genesung auch benötigt. Mit einer Blutkonserve kann somit bis zu drei Menschen geholfen werden. Von der eigentlichen Spende bis zur Transfusion vergeht also zwangsweise etwas Zeit. Hinzu kommt, dass beispielsweise die Erythrozyten nur etwa 40 Tage haltbar sind. Angesichts dessen ist es fast schon eine logistische Meisterleistung den Bedarf und das Angebot an Blut einigermaßen im Einklang zu halten. Und darüber hinaus für Notfälle auch noch einen gewissen Puffer an Blutkonserven zu haben. In ganz Bayern seien deshalb jeden Tag 21 hauptamtliche Entnahmeteams unterwegs, um die Blutspenden durchzuführen, erklärt die Gebietsreferentin. Selbst die Spendetermine können nicht willkürlich angesetzt werden. Damit sich das Eisen im Blut der Spender wieder auffüllt, müssen zwischen zwei Vollblutspenden 56 Tage liegen. Frauen dürfen nur vier Mal und Männer sechs Mal im Jahr Blut spenden. Die fleißigsten Blutspender möchten diese begrenzte Zahl an Möglichkeiten immer voll ausnutzen. So auch Sonja Schwab und ihr Partner Gerhard Buckel. Eigentlich gehen sie immer in Ansbach Blut spenden. Doch den letzten Termin haben sie verpasst. Um noch im Zeitfenster zu bleiben, damit sie die Höchstanzahl an Terminen wahrnehmen können, haben sie sich einfach auf den Weg nach Geslau gemacht, um dort zu spenden. Die 41-Jährige kam über ihre ehrenamtliche Tätigkeit beim Roten Kreuz und bei der Freweilligen Feuerwerh zum Blutspenden.

In Gerhard Buckels Familie hat man „schon immer Blut gespendet“. Geslau war für ihn sein 153. Termin. Beide haben die Prozedur immer gut vertragen. „Wir sind unverwüstlich“, meint Sonja Schwab augenzwinkernd. Und ihr Partner ergänzt: „Hier gibt es anständige Dauerblutspender.“ Susanne von Brand zu Neidstein kann bestätigen, dass „die Solidarität wächst, je ländlicher es wird“. Bayernweit sind etwa sieben Prozent der Einwohner als Blutspender registriert. Allerdings sei laut Blutspendedienst jeder Dritte einmal in seinem Leben auf ein Blutprodukt angewiesen. Blutspenden kann man grundsätzlich vom 18. bis zum vollendeten 72. Lebensjahr und man muss mindestens 50 Kilogramm wiegen. Erstspender sollten jedoch nicht älter als 64 Jahre sein.

Der Blutspendedienst des BRK (BSD) wurde 1953 vom Bayerischen Roten Kreuz mit dem Auftrag gegründet, die Versorgung mit Blutprodukten in Bayern sicherzustellen. Er trägt die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH. Mit seinen zirka 700 Mitarbeitern organisiert der BSD jährlich etwa 5000 Blutspendetermine. Der Weltblutspendetag wird seit 2004 immer am 14. Juni begangen. Es ist der Geburtstag des österreichisch-amerikanischen Serologen Karl Landsteiner, der 1901 das AB0-System der Blutgruppen entdeckte. Hierfür wurde er 1930 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet. Vor dieser Entdeckung war der Erfolg einer Blutübertragung reine Glückssache. Die Blutgruppen von Patient und Spender müssen sich vertragen. Am besten werden deshalb Transfusionen blutgruppengleich durchgeführt. Menschen mit der Blutgruppe 0 gelten als Universalspender, das heißt ihr Blut kann im Notfall Personen beliebig anderer Blutgruppen transfundiert werden. mes

Informationen zur Blutspende gibt es unter Telefon 0800 – 1194911 und im Netz unter www.blutspendedienst.com.

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