Medizin gegen nationalistische Bestrebungen

Städtepartnerschaft Athis-Mons/Rothenburg zum „40-Jährigen“ als Beispiel für gelungenes Europa gefeiert

ROTHENBURG – Es war ein entschiedenes Bekenntnis zum europäischen Gedanken und gegen nationalistische Bestrebungen. Vom Festakt „40 Jahre Städtepartnerschaft Athis-Mons/Rothenburg“ am Freitagabend im Kaisersaal ging nicht zuletzt der Auftrag aus, die von Freundschaft und Brüderlichkeit getragenen Beziehungen weiter zu pflegen, um in diesen krisenhaften Phasen den Geist Charles de Gaulles und Konrad Adenauers allen Anfechtungen entgegenzuhalten.

Oben: Christine Rodier (rechts) freut sich über die „Überraschungsbox“. OB Walter Hartl, Doris Gröner und Jeannine Centmayer (von rechts) schauen zu. Foto: Weber

Oben: Christine Rodier (rechts) freut sich über die „Überraschungsbox“. OB Walter Hartl, Doris Gröner und Jeannine Centmayer (von rechts) schauen zu. Foto: Weber

„In dieser Zeit, wo die Europäische Union zu oft in Kritik gerät, wo nationalistischer Rückzug und Angst vor dem Anderen wieder an Stärke gewinnen in unseren Ländern, hat dieses Europa der Städte, der Partnerschaftsvereine, der Frauen und Männer von gutem Willen, mehr denn je seine Berechtigung und seinen Nutzen,“ betonte Christine Rodier in ihrer Ansprache. Die Bürgermeisterin von Athis-Mons nannte dabei die Partnerschaften zwischen den Städten auf beiden Seiten des Rheins den „Eckstein der Versöhnung zwischen den Völkern“. Sie zeigte sich verliebt in die Stadt Rothenburg, für die sie unendlich schwärme.

„Gerade die jüngere Vergangenheit zeigt, wie schnell Konflikte eskalieren können. Aktive Städtepartnerschaften sind ein Mittel, um solchen Entwicklungen vorzubeugen. Wer sich kennen und schätzen gelernt hat, wo persönliche Freundschaften über Ländergrenzen hinweg entstanden sind, engt sich der Raum für Vorurteile und Missgunst ein,“ sagte Oberbürgermeister Walter Hartl in seiner Ansprache.

Es sei Aufgabe, aus der Geschichte zu lernen, unterstrich er. Das Wiedererwachen nationalistischer Tendenzen in vielen westlichen Staaten nannte er besorgniserregend: „Wohin ein solches Gedankengut führen kann, haben wir in der der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts leidvoll erlebt.“

Voller Kaisersaal

Bei dem Festakt im vollbesetzten Kaisersaal versicherten sich die Partnerschaftsjubilare zu beiden Seiten der weiteren stabilen Freundschaft als Zeichen für das friedliche Zusammenleben der Völker. Sie erinnerten an Oskar Schubart und René L’Helguen als Gründungspioniere. Die beiden Stadtoberhäupter hatten die Partnerschaften nach vorherigen Kontakten zwischen der Folkloregruppe „Cercle Celtique“ und dem Schäfertanz im Geiste der Aussöhnung zwischen den beiden Ländern aus der Taufe gehoben. Die Namen von Louis und Huguette Perigot und Kurt Hanel wurden genannt. Sie haben die komplette Zeit der Städtepartnerschaft vom ersten Tag an bis heute durchlebt. Alt-OB Herbert Hachtel gehörte zusammen mit seiner Frau Anna zu den geladenen Gästen. Er habe dazu beigetragen, dass die Beziehungen weiter vertieft werden konnten, lobte Bürgermeister Kurt Förster als Vorsitzender des Partnerschaftsvereins Rothenburg in seiner Begrüßung.

Neben Landrat Dr. Jürgen Ludwig mit seiner Frau Karin, Bezirkstagspräsident Richard Bartsch und Landtagsabgeordneten waren viele Bürgermeister aus umliegenden Städten und Gemeinden bis aus dem Württembergischen und zahlreiche Vertreter des öffentlichen Lebens zu dem Festakt gekommen.

Besonders weitgereiste Gäste: eine große Delegation des mit Rothenburg besonders verbundenen japanischen Inlandsflughafens Haneda mit Vorstandsvorsitzendem Isao Takashiro und Präsident Nobuaki Yokota an der Spitze, Piotr Iwanus als Stadtoberhaupt von Susdal und auch Bürgermeister befreundeter Rot(h)enburgs. Mit Japans Generalkonsul Idenao Yanagi und Chinas Generalkonsulin Jinqain Mao fanden sich Vertreter des internationalen diplomatischen Corps in den Reihen der Gäste.

Bürgermeisterin Christine Rodier und die Delegation aus Athis-Mons trugen sich ins Goldene Buch der Stadt Rothenburg ein. Präsente wurden ausgetauscht. Rothenburg schenkte einen von Austauschschülern um Susanne Nagy genähten Quilt mit den Wappen der beiden Partner, Athis-Mons ein Standmodell der Concorde sowie fotografische Erinnerungen an den ersten Teil des Jubiläums im Juli in Frankreich. Jeannine Centmayer sorgte beim Festakt mit ihren Übersetzungen dafür, dass der jeweilige Partner auch verstand, was der andere sagte.

Auf der Treppe hinauf zur Bühne des Kaisersaals dominierten in den Arrangements mit Rosen, Nelken, Lavendel, Enzian, Lilien und Lobelien die Farben Blau, Weiß und Rot. Städte- und Nationalfahnen der Partner sowie ein großes Jubiläums-Banner umrahmten die Zeremonie, zu der ein Bläserensemble unter der Leitung von Jan-Peter Scheurer die feierliche musikalische Note beisteuerte. Die intonierten und vom Saal gesungenen Nationalhymnen standen am Ende, bevor es zum Empfang und persönlichen Austausch hinauf ging in den zweiten Stock des hohen Hauses.

Weißwürste unter Freunden

Am späteren Abend flackerte es angesichts des Jubiläums blau, weiß und rot vom Rathaus beim Fassadenfeuerwerk. In großen, pyrotechnisch aktiven Lettern war dort in einem dreizeiligen Block am Treppenturm zu lesen: „40 Jahre/Athis-Mons/Rothenburg“. Am nächsten Tag mischten sich die Freunde aus Frankreich und aus den anderen Ländern nach einem Weißwurstfrühstück und einer Runde im Klettergarten mit Freuden ins historische Treiben.

Bretonische Note ins Spiel brachte der „Cercle Celtique“ beim Auftritt auf dem Marktplatz. Wir hatten die Gruppe in unserem kleinen Bilderbogen vor dem Fest gezeigt. Beim gemeinsamen Abend mit Büfett im Wildbad wurde die Freundschaft vertieft. Von dort ging es hinüber an die Doppelbrücke, wo Höhenfeuerwerk und Co. bestaunt wurden.

Gestern hieß es dann schon Lebewohl sagen für die Gäste – natürlich mit dem Versprechen, sich so bald wie möglich wiederzusehen und in der Zwischenzeit natürlich in Kontakt zu bleiben und die Partnerschaft weiter zu pflegen. -ww-

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