Den eigenen Stil entwickelt
Spiel mit Formen, Farben, Licht und Raum harmonisch-gegensätzlich
ROTHENBURG – Auf den ersten Blick könnten die Objekte der beiden Künstler Willy Kammleiter und Patrick Riefer-Kraus nicht unterschiedlicher sein. Der eine erschafft außergewöhnliche Lichtobjekte und kinetische Skulpturen aus Abfallprodukten mit erfinderischen wie innovativen Lösungsmöglichkeiten, Mechanismen und Inhalten. Der andere macht sich an Leinwänden zu schaffen. Ebenso vielfältig wie seine Darstellungsweise sind die Themen, denen er sich widmet. Davon können sich die Besucher der Ausstellung in der Korn-Halle selbst überzeugen und die Werke im runden Glasbau betrachten und auf sich wirken lassen.
Die gut besuchte Vernissage war zugleich Start in die neue Kultursaison des Rothenburger Traditionsunternehmens. In seinem Grußwort meinte Bürgermeister Dieter Kölle, dass alle gewinnen, wenn Künstler gefördert werden. Lob ziert, nährt aber nicht. Für Willy Kammleiter mit seinen Lichtobjekten und Patrick Riefer-Kraus mit Malerei und Grafik ist die Ausstellung jeweils eine Art Mini-Retrospektive, denn sie zeigen neben aktuellen Arbeiten auch Werke aus den letzten zehn bis sechzehn Jahren, die schon in vielen Kunstschauen in der Region zu sehen waren.

Strahlendes Auge: Willy Kammleiters unerschöpflicher Facettenreichtum von Licht. Fotos: Schäfer
Die städtische Kulturbeauftragte Johanna Kätzel, die selbst künstlerisch tätig ist im Rothenburger Künstlerbund, führte sachlich fundiert in die Ausstellung ein. Die eindrucksvolle Schau gewährt einen guten Überblick über das Schaffen der beiden Künstler, über ihre vielfältigen Themen und Gestaltungsweisen und gleichzeitig über typische Charakteristika ihrer Arbeiten. Eine jede davon ist ein Unikat. In der Würdigung der Künstler skizzierte Johanna Kätzel die Biografien der beiden kreativen Macher.
Vor etwa zwanzig Jahren begann der in Finsterlohr lebende, vielseitig handwerklich und technisch begabte Willy Kammleiter, ein gelernter Elektriker und Werkzeugmacher, neben seinem Beruf künstlerisch tätig zu werden. Er sammelte Materialien und Objekte, von Industrieabfällen über verschiedenste Gebrauchs- oder Dekorationsgegenstände, weggeworfen oder angeboten auf Antiquitätenmärkten, Schrottplätzen und Recyclinghöfen, die er bearbeitet und neu zusammenfügt. Seinen Objekten schenkt er ein leuchtendes Innenleben, das durch die zahlreichen Perforationen nach außen strahlt und faszinierende Schattenrisse an die Wände malt.
„Bluefin“ heißt eine Installation. Das Wandobjekt besteht aus dem Relief eines Thunfisches, dessen Schuppenkleid aus bunten, durchleuchtenden Kachel- und Fliesenstücke zusammengesetzt ist. Die vom Wellengang rund geschliffenen Strandfunde aus Sizilien sollen deutlich machen, dass die Weltmeere immer weniger Fische und immer mehr Schutt und Müll enthalten. Bei der „Schmetterlingsfrau“ handelt es sich um sein erstes figürliches Leuchtobjekt: ein Frauentorso mit Schmetterlingsflügeln. In verschiedenen Sprachen prangt auch das Wort „Licht“ auf seinen Objekten. Die Buchstaben hat er aus Kupferplatten herausgeschnitten und mit farbigen Glasstücken und Metallrasterfolien hinterlegt. Die gestaltete Platte sitzt auf einem angestrahlten Messingrahmen mit aufgeschraubten Halogenlämpchen. Inspirieren lässt sich Willy Kammleiter auch durch Literatur, wie beim Hesse zitierenden Lichtbaum namens Herrmann“. Aus einer ausrangierten Schreibmaschine lässt er einen beleuchteten Baum emporwachsen. Die Verquickung von Kunst und Müll als eine altbewährte Liaison reizt ihn immer wieder aufs Neue, sich kreativ damit auseinanderzusetzen.

Rolle und Macht internationaler Konzerne.
Der Wahl-Rothenburger Patrick Riefer-Kraus stammt aus Bergen im Chiemgau, wo sein Vater als Lüftlmaler arbeitete, wodurch er schon früh mit der Kunst und insbesondere der Malerei in Berührung kam. Über den Umweg einer Schreinerlehre wurde er dann selbst Lüftl- und Illusionsmaler, der sich das nötige Handwerkszeug autodidaktisch beibrachte. Daneben ist er Kunst- und Portraitmaler, Graphiker und Designer. Meist arbeitet er figürlich. Dabei reicht die Bandbreite von realistisch über surrealistisch bis hin zu Pop-Art-Anklängen oder seinem persönlichen Comic-Stil. Seit einigen Jahren kommen außerdem immer wieder Ausflüge in die abstrakte Malerei vor. Neben Portraits von Mensch und Tier darf freilich der klassische Akt nicht fehlen. Aber auch mal mehr, mal minder bekleidete Damen sind zu sehen – in stillen, bisweilen bewusst provokanten Szenerien, bei denen sich der Betrachter in der Situation des Voyeurs wiederfindet.
Immer wieder greift Patrick Riefer-Kraus zu dem Stilmittel des Plakativen, der Übertreibung und Karikatur. Häufig nutzt er dabei auch Tiere als eine Art Zerrspiegel und spöttisches Mittel zur Selbsterkenntnis des Betrachters. Doch auch ganz ernst kann der Künstler sein, etwa im Triptychon „Der vielen Hunger ist der Wenigen Wohlstand“. Hin und wieder nimmt sich der Künstler und rührige Künstlerbund-Funktionär selbst auf die Schippe wie im „Selbstportrait als Tukan/Frühpolynesische Vogelgottheit“.
Hausherr Peter Korn freute sich, den beiden Künstlern als gute Bekannte erneut eine Plattform für ihre Kreativität und Expressivität zu bieten. Mit der Ausstellung startete das Autohaus in seine 22. Kultursaison, die wieder einiges zu bieten hat. Wie bisher trägt das Programm an Musik und Kabarett die deutliche Handschrift von Robert Hellenschmidt, der für sein Engagement mit einem herzlichen Dankeschön und kräftigen Beifall bedacht wurde. sis
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