Gefühl tiefer Verbundenheit
„Vergesst uns nicht“ – Reise mit besonderem Hintergrund und geistlicher Begleitung
OHRENBACH – Zum fünften Mal seit 2004 haben die Kirchengemeinden Ohrenbach und Habelsee zu einer Studienreise nach Rumänien eingeladen. Obwohl sich die Reise nur über einen Zeitraum von fünf Tagen erstreckte, kehrten die 30 Teilnehmer mit bleibenden Eindrücken zurück.
Nach einem etwa 90-minütigen Flug von München nach Hermannstadt wurde die Gruppe von Pfarrer Uwe Seidner am Flughafen herzlich begrüßt. Uwe Seidner ist Pfarrer in Wolkendorf bei Kronstadt. Er hat seine Gäste bis zum Heimflug betreut und sie mit seinen fundierten Kenntnissen vor allem über die evangelische Kirche in Siebenbürgen überzeugt. Zur Reisegesellschaft gehörten keineswegs nur Gemeindeglieder aus der Pfarrei Ohrenbach-Steinach, sondern ebenso aus Bad Windsheim, Burgbernheim, Rothenburg und Gebsattel.

Die Gruppe war von der Gastfreundschaft beeindruckt. Fotos: tz
Begegnungen mit Siebenbürger Sachsen, die sich gegen eine Auswanderung nach Deutschland entschieden haben, prägten die beiden ersten Tage. Noch am Abend der Ankunft stand ein Besuch bei Familie Henning im malerischen Michelsberg bei Hermannstadt auf dem Programm. In dem kleinen Dorf lebt mit über hundert Gemeindegliedern eine der größeren Kirchengemeinden des Hermannstädter Bezirkes. Die Michelsberger Gemeinde ist vor allem im Kulturleben sehr aktiv.
Bei einem Rundgang durch das Dorf, das sich aufgrund seiner reizvollen Lage zu einem bevorzugten Ferienort entwickelt hat, konnte die Gruppe noch manche im alten Stil erhaltenen sächsischen Bauernhöfe sehen. Der Gemeindekurator Michael Henning schilderte eindrucksvoll die Situation der Evangelischen Kirche in Siebenbürgen.
Am zweiten Tag startete der Bus von Hermannstadt über Mediasch nach Deutsch-Weiskirch. Auf dem Weg zur Kirchenburg bestätigte sich die Ankündigung von Pfarrer Seidner, dass diese Ortschaft eine Seltenheit in Siebenbürgen ist. Aufgrund der abgeschiedenen Lage ist der ursprüngliche Charakter des Dorfes bis heute erhalten geblieben. Die Kirchenburg und der Dorfkern wurden 1999 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Caroline Fernolend, die als Regionalpolitikerin und Direktorin der Mihau-Eminescu-Stiftung tätig ist, organisiert vor Ort das Tourismusangebot.
Walter Fernolend zeigt beim Abschied hinüber auf die gegenüberliegende Straßenseite. Das blaue Haus mit der Nummer 163 gehört Prinz Charles, der als Schirmherr der Mihai Emanescu Stiftung öfter in Weißkirch vorbeischaut. Wer keine Gäste beherbergt, kann Kutschfahrten oder auch geführte Wanderungen in der schönen Umgebung anbieten. Andere spinnen Wolle, filzen, weben und stricken die Souvenirs, die von den Besuchern gekauft werden. Heute hat der Ort mehr als 400 Einwohner: Siebenbürger Sachsen, Roma, Ungarn und Rumänen. Am späten Nachmittag ging es über die „Schotterpiste“ in die Nachbarortschaft Stein und von dort durch die herrliche Hügellandschaft und durch das Szeklerland bis zum „Roten See“ (Lacul Rosu), dessen Wasser von der eisenhaltigen Erde rötlich gefärbt ist. Der See ist durch einen Erdrutsch entstanden und bis heute kann man die Spitzen der Nadelbäume aus dem Wasser hervorragen sehen.
Am nächsten Morgen stand ein Spaziergang um den See auf dem Programm, um den sich auch zahlreichen Legenden und Mythen ranken, die letztlich dazu geführt haben, dass der See auch „Mördersee“ genannt wird. Eine enge Schlucht mit bis teilweise über 100 Meter hochragenden Felswänden ist die Bicaz-Klamm. Sie liegt in der Nähe der Stadt Bicaz und verbindet die Westmoldau mit Siebenbürgen. Eine Fahrt durch die enge Schlucht ist lohnenswert, zählt sie doch zu den spektakulärsten Bergpassagen Rumäniens. In Serpentinen geht es steil talwärts.
Erstes Etappenziel war das Kloster Agapia, eines der größten Nonnenklöster Europas, das durch seine wertvollen Malereien in der Kirche berühmt geworden ist. Der Besucher kann in den Werkstätten beobachten, wie kostbare Stickereien und Teppiche gefertigt werden. Nicht weit entfernt befindet sich das Männerkloster Neamt mit seiner aus der Zeit Stefans des Großen stammenden Kirche. Die Führungen bei Sommerhitze kosteten allen Mitreisenden viel Kraft. Deshalb freuten sie sich auf Abkühlung und Ruhe im Hotel in Gura Humorului, einem Ort im südlichen Teil der Bukowina, nahe der Stadt Suceava im Nordosten Rumäniens. Der Ort, der ehemals zum Fürstentum Moldau gehörte, liegt an der Mündung des Flusses Humora in die Moldau; der Ortsname bedeutet Mündung der Humora.
Von Gura Humorului ist es nicht weit zu den „Moldauklöstern“. Dass am vierten Tag der Besuch von weiteren drei Klöstern geplant war, stieß nicht bei allen Teilnehmern auf ungeteilte Zustimmung. Doch die beiden Reiseleiter, Pfarrer Uwe Seidner und Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz überhörten dezente Unmutsäußerungen und versuchten ihre Gäste für die Klöster Voronet, Sucevita und Moldovita zu begeistern. Die besonders schönen mittelalterlichen Malereien und die farbliche Gestaltung, das sogenannte „Voroneț-Blau“, sind einmalig in der religiösen moldauischen Malerei. Wegen der exzellenten Fresken wird die Kirche auch „Sixtinische Kapelle des Ostens“ genannt.

im Innenhof des Klosters Agapia: die gepflegte Anlage ist ein Touristenmagnet.
Die dem Heiligen Georg geweihte Kirche wurde 1993 zusammen mit anderen Kirchen in der Moldau in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Die innerhalb der Klostermauern befindliche rumänisch-orthodoxe Kirche, die der Auferstehung Jesu Christi geweiht ist, gehört seit August 2010 zu den in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommenen acht Moldauklöstern. Das Kloster ist eines der schönsten Moldauklöster und das einzige, dessen Innen- und Außenwände vollständig mit Wandmalereien versehen und dessen Fresken innen und außen vollständig erhalten sind. Das Kloster Moldovița ist ein rumänisch-orthodoxes Frauenkloster, dessen Kirche innerhalb der Klostermauern Mariä Verkündigung geweiht ist. Die Grenze zur Ukraine lag hier in greifbarer Nähe, doch der Bus hatte noch eine weite Fahrt vor sich nach Bistritz in Nordsiebenbürgen. Drei Stunden mussten für die 150 Kilometer veranschlagt werden, bis die Gruppe im Stadtzentrum von Bistritz bei einem guten Abendessen den „Klostertag“ ausklingen lassen konnte.
In Deutsch-Zepling gab es ein Wiedersehen mit Bekannten oder eine erstmalige Begegnung mit dem Ort, aus dem einst die Eltern und Großeltern gekommen sind. Von Vertretern der evangelischen Kirchengemeinde wurde die Reisegesellschaft herzlich im ehemaligen Pfarrhaus begrüßt. Draußen standen vier Pferdefuhrwerke bereit, um mit den Gästen aus Deutschland auf eine Rundfahrt durch den Ort zu unternehmen. Es war eine „holprige“ Angelegenheit.
Viele Siebenbürger Sachsen wohnen nicht mehr in der Gemeinde. Wenn Pfarrer Johann Zey aus Sächsisch Regen aufs Land nach Deutsch-Zepling, Botsch oder Weilau kommt, ist die gottesdienstliche Gemeinde überschaubar. Die Gastgeber haben es sich nicht nehmen lassen, in den beiden Räumen des Pfarrhauses eine Mahlzeit vorzubereiten. Gastfreundlichkeit wurde bei den Zeplingern schon immer großgeschrieben. Doch die Zeit drängte und die Glocken der Kirche luden zum Gottesdienst mit Pfarrer Johann Zey ein. Pfarrer Gilbrecht Greifenberg, der seinen Ruhestand in Crostau in der Lausitz verbringt, überreichte seinen Amtsbrüdern Johann Zey und Uwe Seidner jeweils eine Spende in Höhe von 1000 Euro zur Erhaltung der Kirche in Deutsch Zepling und Wolkendorf. Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz brachte im Namen der Reisegruppe den Dank für die freundliche Aufnahme und gute Verköstigung an die Gemeindeglieder aus Deutsch Zepling zum Ausdruck. Wie bei den Besuchen in der Vergangenheit tauchte beim Abschied wieder die Bitte auf „Vergesst uns nicht“.
Mit einem strengen Blick auf die Uhr kündigte der rumänische Busfahrer aus Klausenburg eine „Kamikaze-Fahrt“ von Deutsch Zepling nach Hermannstadt zum Flughafen an. Die Entfernung von 180 Kilometern war bei den Straßenverhältnissen und mit der zeitlichen Vorgabe von drei Stunden eine Herausforderung. Richtung Süden ging es über Neumarkt, Martinskirch, Kleinblasendorf, Großprobstdorf, Kleinkopisch, Marktschelken, Stolzenburg und Großscheuern. Den gewöhnungsbedürftigen Fahrstil haben alle Insassen gut überstanden. „Ist ja auch kein Wunder, wenn man unter der Obhut von drei Pfarrern steht“ meinte augenzwinkernd einer von ihnen.
Die dankbaren Reiseteilnehmer waren sich einig, dass es nicht an ihnen liegen wird, wenn tatsächlich wieder zu einer Reise nach Siebenbürgen eingeladen werden sollte. „Man setzt sich einfach in den Bus und muss sich um nichts mehr kümmern. Ich war zum ersten Mal dabei. Meine Erwartungen an diese Reise sind alle erfüllt worden“, lautet der Kommentar einer älteren Dame, die sich offensichtlich mit einer Wiederholung in den nächsten Jahren anfreunden könnte. tz
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