Weindozenten stillen Wissensdurst

Spannende Vorträge und ausgewählte Kostproben geben Einblicke in den wahren Genuss

ROTHENBURG – Vor 25 Jahren startete die Rothenburger Winzerfamilie Thürauf ihre besondere Weinseminarreihe. 200 Seminarabende hatten sich Karl und Albert Thürauf zum Ziel gesetzt – mittlerweile dürfen die beiden Vollblutwinzer auf 1221 Seminare zurückblicken.

Karl Thürauf erinnerte an die ers­ten Themen, die wöchentlich feinsäuberlich auf einem langen Papierstreifen festgehalten werden. Man startete mit der Vorstellung der Rebsorte „Gewürztraminer“, gefolgt vom „Blauen Portugieser“. Fällt der Donnerstag auf einen Feiertag, wie den 3. Oktober 1991 oder das Fest „Christi Himmelfahrt“, findet an diesem Abend kein Weinseminar statt – doch nur 83 solche Gedenk- oder Feiertage gab es in den zurückliegenden 25 Jahren.

Das kleine Wein-ABC: Glockenwirts unterhaltsame Lehrstunde im Johanniterhof. Fotos: Schwandt

Das kleine Wein-ABC: Glockenwirts unterhaltsame Lehrstunde im Johanniterhof. Fotos: Schwandt

Nicht nur Rebsorten stehen auf dem Abendprogramm im Johanniterhof – die Seminaristen durften allerlei rund um den Schnitt der Reben, verschiedene Tankvarianten, Kreuzungszüchtungen oder das Weinland Franken erfahren, Feiertags-, Frühlings- und Frauenweine verkosten. Weine aus anderen Ländern, wie Israel, Mexiko, Kuba, Ecuador, Usbe­kis­tan, Indonesien, Georgien, Japan oder China stellten Karl und Albert Thürauf ebenfalls vor und sie hielten ein ganz besonderes Seminar im Rothenburger Weinberg mit einem Vogelstimmenexperten ab.

Aus Anlass des 750. Weinseminar konzertierte Kirchenmusikdirektor Ulrich Knörr in der Spitalkirche und interpretierte dort die „Californian Wine Suite“ von Hans Uwe Hielscher vortrefflich. 250 Besucher fanden zum 1000. Weinseminar den Weg in die Jakobskirche. Hans Uwe Hielscher begeisterte die Zuhörer mit der Uraufführung seiner „Fränkischen Weintänze“. Die unterschiedlichen Geschmacksnuancen der verschiedenen Rebsorten hatte er in Orgelklänge gefasst und deren Charakter in modernen Rhythmen, wie Blues, Slowfox oder Tango dargestellt – eine „musikalische Degustation“ von vier weißen und einer roten Rebe, dazu einem Winzersekt, passend zum Bibelwort „Der Wein erfreut des Menschen Herz“.

Weinkeller gibt es ebenfalls in Rothenburg zu entdecken – ob in den Bürgerhäusern oder den Klosteranlagen – der größte sei der des Franziskanerklosters, so Karl Thürauf. Und man habe während eines Seminar­abends vorbildlich gelagerte Glocken-Weine aus solch einem Keller trinken dürfen, die allesamt aus dem Nachlass des verstorbenen Wolfgang „Muffel“ Weth stammten. Es handelte sich um Weine aus elf aufeinanderfolgenden Jahren von 1980 bis 1990. Eine Kostbarkeit, denn alle Weine waren von hoher Qualität und mundeten hervorragend.

Wein genießen leicht gemacht: Verschiedene Sorten kosten und Genuss empfinden.

Wein genießen leicht gemacht: Verschiedene Sorten kosten und Genuss empfinden.

„Die erste Lese 2016 fällt auf den Jubiläumstag“, so Albert Thürauf, der mit Sohn Johannes zu den Seminarteilnehmern stieß. Er wolle sich nicht dem Zeitgeist beugen, sondern immer bewusst eine eigene Linie fahren. Die Entscheidung, den Weinberg in Rothenburg wieder zu errichten, sei richtig und gut gewesen, trotz zunächst erheblicher Widerstände. Die Weine aus der Eich sind sehr begehrt, und der „gemischte Satz“, der von den 170 verschiedenen Rebsorten stammt, die dort angebaut und gleichzeitig gelesen werden, ist inzwischen „das Kultgetränk“ im Weindorf.

Er dankte im Namen der Familie Thürauf den Seminarteilnehmern für ihre Treue und die vielen Ideen, mit denen sie die Abende mitgestaltet hatten, die Themen gehen auch künftig nicht aus. Studiendirektorin Maria Middendorf vom beruflichen Schulzentrum ergriff das Wort: Sie sei äußerst beeindruckt von dem schier unerschöpflichen Wissen zum Thema Wein, mit dem Albert und Karl Thür­auf jede Woche ihre Zuhörer inspirierten, auf fachlich höchstem Niveau, mal locker, mal philosophisch, gelegentlich garniert mit einem Schuss Ironie.

Das Weinseminar am Donnerstag um 19 Uhr sei nicht nur bei ihr ein fester Bestandteil des Terminkalenders. Und immer ist eine Weindegus­tation dabei. Am Jubiläumsabend schenkte Klaus Beyer, der seit Beginn der Weinseminare mit von der Partie ist, sieben besondere Weinraritäten aus dem Thüraufschen Weinkeller in die Gläser. So startete der Abend mit einer 2012er Domina Spätlese aus dem Sulzfelder Cyriakusberg und endete mit einem schier göttlichen Tropfen, einer 2005er Trockenbeerenauslese einer Tauberzeller Bacchusrebe, die bei der Lese mit 225 Grad Oechsle aufwartete. 25 Sonnenblumen für 25 wunderbare Weinseminarjahre als Dankeschön überreichte Ilse Jünger stellvertretend für die Weinseminaristen und eine „Chronik der Menschheit“ hatte Hans Hetzel dabei – schließlich ist der Wein eines der ältesten Kulturgüter der Menschheit.

Der 23-jährige Johannes Thürauf, von seinem Großvater liebevoll „Johann, der Junge“ genannt, ist bereits Weinküfer und hat sich viel vorgenommen: Er will die nächsten 25 Jahre des Weinseminares aktiv mitgestalten. Derzeit besucht er die Staatliche Technikerschule in Veitshöchheim mit dem Ziel, Techniker für Weinbau und Oenologie zu werden und er hat schon viele Themen im Kopf, die er den Weinseminaristen künftig mit auf den Weg geben will. -sw-

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