Heute prägend: Die Parkflächen
Die Schlachthofkreuzung war einst Ergebnis städtebaulicher Planung – Wandel zur Beliebigkeit
ROTHENBURG – Was einst sichtbarer Ausdruck städtebaulicher Planung und Gebäudearchitektur war, erlebt heute den Wandel zur Beliebigkeit. Das Gebiet um die Schlachthofkreuzung ist ein Beispiel, Ortseinfahrtsbereiche kommen hinzu, meist dominieren große Parkflächen.
Es ist nicht eine bis ins Detail durchgeplante, sondern vielmehr eine überwiegend von Zufälligkeiten ausgelöste Entwicklung, die nun letztlich dazu geführt hat, dass entlang der Bensenstraße bis hin zur Schlachthofkreuzung ein neues Einkaufszentrum entstanden ist, das überdies an das Schul- und Sportzentrum anschließt. Das Ganze wird auch noch durch das Kino Forum Rothenburg und vor allem die neue Mehrzweckhalle abgerundet.
Das Interessante daran: niemand hatte dies von Anfang an so geplant, vielmehr ergab sich eine Art Kettenreaktion, nachdem sich mit dem Lebensmittelmarkt Lidl schon früher ein finanzkräftiger Interessent für das bis dahin als Bauhof genutzte Gelände gefunden hatte. Der damalige Oberbürgermeister Herbert Hachtel nutzte die Chance und der Stadtrat war ebenso überzeugt, dass dies eine gute Gelegenheit sei zu einem neuen Bauhof zu kommen ohne viel investieren zu müssen. Die weiter zurückreichende Idee, auf dieser Fläche das Sportgelände des Stadions zu erweitern war damit hinfällig geworden.
Es folgten auf dem erweiterten Grundstück zwei weitere Gebäude beziehungsweise Hallen: der große Getränkemarkt und ein Cafe- und Backbetrieb. Die zu Beginn des letzten Jahrhunderts mit architektonischem Anspruch angelegte Schlachthofkreuzung bekam nun ein ganz anderes Gesicht, denn seitdem dominiert in südlicher und westlicher Richtung betrachtet die große Markt-Parkfläche – so wie dies immer der Fall ist, wenn sich solche Betriebe niederlassen und dann auch häufig das Bild von auswechselbaren Ortseinfahrten bestimmen. In Rothenburg zeigt sich diese Entwicklung ebenso an der Würzburger Straße mit den Verbrauchermärkten Rewe und Norma.
Alles muß autogerecht sein
Vorbei sind die Zeiten, als man im Stadtrat noch meinte, man könne Rothenburgs Ortseinfahrten (auch die von der Autobahn) gestalterisch so im Griff behalten, dass sie sich positiv von anderen vergleichbaren Städten unterscheiden. Jedenfalls stehen nun bereits die nächsten zwei Märkte Edeka und Aldi gegenüber dem ehemaligen Bauhofgelände vor der Eröffnung und sorgen an der Bensenstraße für eine Konzentration solcher Angebote, logischerweise auch wieder geprägt von vorgelagerten großen Parkplätzen, die das Bild der – wohl in solchen Fällen unvermeidlichen – unbebauten Flächen abrunden.
Manchmal entsteht freilich auch ungeplant etwas Sinnvolles. So sieht es, trotz heißer Diskussionen, jetzt eher so aus, dass sich der Standort für das Filmforum ebenso als richtig bestätigt wie auch die gegenüberliegende Mehrzweckhalle in Schulzentrumsnähe ihren Sinn macht und dabei inzwischen sogar manchen früheren Kritiker überzeugt.
Viele fragen sich, wo denn eigentlich die Käufer bei stagnierender Einwohnerzahl und damit die Umsätze herkommen sollen, wenn außerdem noch eine Nutzung des alten Schlachthofgebäudes für einen Drogeriemarkt und eine Handelskette sowie ein drittes Unternehmen ansteht. Der Investor hat ursprünglich bis Jahresende von der Stadt die Kaufoption für das Schlachthofgelände erhalten, die aber eventuell um wenige Monate verlängert werden dürfte, weil wohl noch nicht alle Verträge unter Dach und Fach sind, wie es heißt.
Sportler enteignet
Die Reichsarbeitsdienstler und die Turnerjugend, die in der Vorkriegszeit an der Bensenstraße zur „Körperertüchtigung“ antrat wie auf historischen Fotos zu sehen ist, lebte noch in einer ganz anderen Welt. Hinter dem Schlachthof hatte in den dreißiger Jahren auch der Rothenburger Fußball-Club sein Sportgelände, woher letztlich der Name „Sportplatzsiedlung“ rührt. Die Stadt nahm 1944 dem Verein Platz und Tribüne weg, um Häuser zu bauen – vergeblich verlangte der Club nach dem Krieg dafür Entschädigung von der Stadt. So bleibt die Stadt weiter im ständigen Wandel, aber ihre Substanz und Berühmtheit lebt vom Erhalt der lebendigen Altstadt. diba
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