Problemfall Knie

Was kann man machen im Rothenburger Krankenhaus?

ROTHENBURG – Das Kniegelenk spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Beine zu bewegen. Mehrere Knochen, Bänder und Knorpel sorgen für eine geschmeidige Gleitbewegung beim Gehen, Treppensteigen, Sport treiben. Das komplexe Gelenk hält Ober- und Unterschenkel zusammen, muss ­ en­or­me Kräfte abfedern und hohe Stabilität geben. Das Knie kann aber auch zum Kreuz werden.

Leitender Oberarzt Rainald Kiene (li) stellte beim Vortrag vier Patienten mit spezifischen Knieverletzungen vor. Foto: Schäfer

Leitender Oberarzt Rainald Kiene (li) stellte beim Vortrag vier Patienten mit spezifischen Knieverletzungen vor. Foto: Schäfer

Für die Betroffenen wird dann jeder einzelne Schritt zur Qual – schlimmstenfalls leiden sie sogar im Ruhestand. Zum Beispiel durch abgenutzte Knorpel im Knie. Die Knorpel und Menisken federn auch die härtesten Stöße ab und lassen die Kniescheibe weich am Knochen entlang gleiten. Doch bei Arthrose wird der Knorpel rau und dünn. Im Extremfall reibt irgendwann nur noch Knochen auf Knochen.

Zum Thema „Sport- und Freizeitverletzungen“ referierte Rainald Kiene, seit vielen Jahren leitender Oberarzt und Chefarztvertreter für Unfallchirurgie, Endoprothetik und Orthopädische Chirurgie am Donnerstagabend vor etwa vierzig interessierten Zuhörern in der Klinik Rothenburg. Der erfahrene Mediziner mit breitgefächerter Ausbildung ist zusätzlich im MVZ Orthopädie, das an der Klinik Rothenburg ansässig ist, als Ärztlicher Leiter tätig. Zu seinen besonderen Schwerpunkten zählen die Knie- und Schulterchirurgie sowie die Sportorthopädie. Mit seiner Familie ist er in der Stadt verwurzelt und genießt eine hohe allgemeine Wertschätzung.

Komplexes Gelenk

Mit freiwilliger Einwilligung von vier Patienten erläuterte der Oberarzt, was hinter Knieverletzungen stecken kann – und welche Therapie die richtige ist. Die jungen Männer hatten sich beim Handball, beim Fußball und beim Trampolinspringen verletzt und mussten unters Messer. Bei einer 19-jährigen Volleyballerin war schon bei alltäglichen Bewegungen immer wieder die Kniescheibe aus ihrem Gleitlager „rausgesprungen“, das heißt, sie saß nicht mehr in der Mitte vor dem Kniegelenk. Die Kniescheibe ermöglicht die optimale Kraftumsetzung der vorderen Oberschenkelmuskulatur in eine Bewegung des Unterschenkels. Kein Knie ist gleich – und jeder Defekt anders. Das macht die Aufgabe für die Ärzte nicht unbedingt leichter. So groß die Vielzahl an Erkrankungen ist, so weitreichend sind inzwischen die Behandlungsmöglichkeiten, zeigte der Mediziner auf. Zu seinen Erläuterungen machten sich auch die Bilder und Videos gut.

Der Kreuzbandriss gehört zu den häufigsten Sportverletzungen am Knie. Ist das hintere Kreuzband gerissen, ist es auch Ermessenssache, ob man die Knieverletzung konservativ behandelt, also ohne Operation. Mithilfe von Physiotherapie und Muskel­aufbau-Training wird versucht, die Stabilität im Knie wieder herzustellen. Diese Therapie eignet sich für Patienten, die sportlich wenig aktiv sind. Ansonsten kann ein Kreuzband­riss auch durch eine Operation behandelt werden. Der Arzt ersetzt das gerissene Kreuzband durch ein Transplantat.

Bei einem Meniskusriss lassen sich kleinere Einrisse durch Spritzen ins Gelenk mit einem Schmerzmittel und einer Physiotherapie behandeln. Bei größeren Knieverletzungen wird bei einer Arthroskopie der defekte Knorpel je nach Schädigung geglättet oder genäht. Der Arzt versucht, möglichst viel Knorpelgewebe zu erhalten.

Auch Knie-Arthrose im fortgeschrittenen Stadium lässt sich behandeln. Um den Gelenkknorpel wiederherzustellen, wird sein Wachstum mithilfe einer Nadel angeregt, die tief in den Knochen, bis hin zum Mark, eingeführt wird. Aus den dadurch austretenden Stammzellen kann sich neuer Knorpel über die Gelenkfläche hinweg entwickeln.

Schlägt diese Therapie nicht an und ist der Alltag des Patienten stark eingeschränkt, wird ein künstliches Gelenk – als Teil- oder Totalprothese– eingesetzt. Auch Eingriffe dieser Art sind heutzutage Routine. Zuvor liefert eine Computertomografie (CT) eine Fülle von Röntgenbildern des Knies aus verschiedenen Blickwinkeln, Ebenen und Knochenschichten. Arbeitsunfälle, Fehlbelastungen im Alltag, Umknicken mit dem Fuß oder ruckartige Bewegungen sind ebenfalls häufige Ursachen für ernsthafte Knieverletzungen.

Für Rainald Kiene gehört zu seiner ärztlichen Berufsausübung ein verantwortlicher Umgang mit den Patieten. Zu Entscheidungen gehöre neben der Besonnenheit die Erkenntnis, was der medizinische Standort Rothenburg „zu leisten vermag und wo andere besser sind.“ Einer seiner Vorbilder war Dr. Peter Skorepa, mit dem er dreizehn Jahre zusammengearbeitet hat und der niemand ohne Not operierte. Es gebe auch keine dement­sprechenden Vorgaben vom Arbeitgeber, die Operationsrate zu erhöhen. „Dies ist schon aus zeitlichen Gründen nicht möglich“, sagt der leitende Oberarzt mit Hinweis auf seine 60- bis 80-Stunden-Woche und mehr als 700 Überstunden.

Und was sagt Rainald Kiene zum neu bestellten Vorstandschef Dr. Gerhard Sontheimer? „Ich kenne ihn noch nicht persönlich, aber was man liest und hört ist er ein Mensch, der Dampf hat und uns vielleicht sagen wird, dass wir mehr powern müssen.“ Der leitende Oberarzt wünscht sich Kontinuität und lobte die gute Zusammenarbeit mit Interimsvorstand Jörg Reinhardt:. „Mit einem ausgewiesenen Mediziner an seiner Seite, hätte er sehr gut weitermachen können“.

Unvoreingenommen sein

Rainer Seeger, zuständig für Kommunikation und Marketing beim kommunalen Klinikverbund ANregiomed der Stadt Ansbach und des Landkreises, war ebenfalls zu dem Arztvortrag ins Krankenhaus gekommen. Er äußerte sich zurückhaltend zur weitreichenden Personalentscheidung des Verwaltungsrates. „Wie in einem Bewerbungsverfahren üblich, wurde bis zuletzt viel unter Verschluss gehalten.“ Jetzt sei die Katze aus dem Sack und ein Gebot der Fairness, dem neuen Vorstand eine Chance zu geben, seine Fähigkeiten hervorzuheben.

Der 58-jährige Mediziner und Diplom-Physiker, aktuell ist er noch Vorstand eines Medizintechnikunternehmens in Berlin, wird die Leitung des westmittelfränkischen Klinikverbundes zunächst für fünf Jahre übernehmen. Er habe Erfahrungen mit kommunalen Klinikunternehmen und soll den finanziell hoch verschuldeten Klinikverbund ANregiomed mit insgesamt rund 2500 Beschäftigten in eine sichere Zukunft führen. Bis zu Sontheimers Amtsantritt wird den Angaben zufolge der bisherige Interimsvorstand seine Tätigkeit fortführen. sis

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