Glauben gemeinsam leben

Die Taizé-Gebetsabende bereichern seit 20 Jahren die Ökumene in der Region

ROTHENBURG – Es ist ein Ort der Gemeinschaft und der aufrichtigen Begegnung: Jahr für Jahr pilgern 100000 Jugendliche in die französische Provinz zur ökumenischen Bruderschaft von Taizé, um zu beten, zu singen und die Frohe Botschaft zu entdecken. Seit nunmehr 20 Jahren finden auch regelmäßig Taizé-Gebetsabende in Rothenburg statt – nicht nur für Jugendliche. Thomas Amann, ihr Initiator, blickt anlässlich dieses Jubiläums auf ihre Anfänge zurück und erklärt ihre Gestaltung.

Freude über das Jubiläum herrscht bei (v.l.) Monika Angermeier sowie Evi und Thomas Amann.

Wie hat es Sie nach Taizé verschlagen? 
Im September 1997 war ich das ers-te Mal in Taizé. Mir war lediglich der Name ein Begriff, dann war ein Freund auf dem Weg nach Taizé und hat mich eingeladen, da noch ein Platz im VW-Bus frei war. Der Aufenthalt in Taizé hat mich sehr berührt, da dort der Glaube gemeinsam gelebt wird. Das offene Miteinander und vor allem die Kraft des gemeinsamen Gebets sind mir durch und durch gegangen und man spürt, dass es den anderen Menschen dort genauso ergeht.
Was haben Sie von Ihrem ersten Besuch mitgenommen? 
Aus den vielen bereichernden Begegnungen mit Menschen aus aller Herren Länder sind einige lang­­-jährige Freundschaften entstanden. Wegen der Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben, den zum Teil sehr tiefgehenden Gesprächen und dem Gebet würde ich die Aufenthalte in Taizé als „Urlaub für die Seele“ bezeichnen.
Wo liegt eigentlich Taizé?
Taizé ist ein winziges Dörfchen im Osten von Frankreich, im Burgund. Bekannt geworden ist der Name dieses Dörfchens, nachdem sich die Communauté de Taizé (Gemeinschaft von Taizé) als internationaler ökumenischer Männerorden in den Nachwehen des 2. Weltkrieges im Jahr 1949 dort gegründet hat.
Wie wichtig ist dabei der ökumenische Gedanke?
Er ist nicht nur wichtig.  Es ist einer der zentralen Gedanken. Es ist eben ein ökumenischer Männerorden, der sich dem gemeinsamen einfachen Leben verschrieben hat. Die Brüder fragen nicht nach der Konfession, sondern leben die Gemeinschaft im Sinne von „Wir sind Christen“. Die ersten Brüder waren evangelische Christen, einige Jahre später legten Katholiken ihr Gelübde ab. Damit wurde die Communauté de Taizé eine echte öku­menische Brüdergemeinschaft. Ganz wichtig ist, dass diese ökumenische Bewegung keine „Konkurrenz“ zur Kirche sein will. Die Gemeinschaft legt Wert darauf, dass sie keine „eigene Theologie“ vertritt, keine eigenständige Bewegung sein will.
Und wie kam es dazu, dass Sie in Rothenburg Taizé-Gebetsabende angeboten haben?
Die Brüder wünschen sich, dass der Gedanke von Taizé in die Welt getragen wird. Sie ermutigen die Menschen, sich auch in der eigenen Gemeinde vor Ort zu engagieren. Das kann eben auch die Organisation eines Gebetsabends mit Liedern aus Taizé sein. Genau das war der Impuls für mich, zu sagen „das möchte ich weitertragen“.

Atmosphärischer Taizé-Gebetsabend: Stille und Gebet bei Kerzenschein. Fotos: Kroll

Waren Sie dabei Einzelkämpfer?

Der damalige Pfarrer Klier und Kaplan Grohmann haben mich dabei sehr unterstützt. Und meine Frau Evi war von Anfang an mit dabei und hat tatkräftig mitgeholfen. Sie hat zunächst die Gestaltung des Gebetsortes und später dann auch die musikalische Begleitung übernommen. Der internationale Gedanke und die vielen Sprachen sind ein wichtiger Aspekt für die Brüder im Sinne der Völkerverständigung. Gerade die jungen Besucher von Taizé sollen miteinander ins Gespräch kommen und merken „so anders sind die anderen gar nicht“. Und gerade unser damaliger Kaplan Grohmann hat viele andere Menschen angesprochen, um die verschiedenen Sprachen in unseren Gebetsabend zu bekommen. Ich wollte dies im Sinne der Ökumene auch in den anderen Kirchen anbieten und habe 1998 angefangen, einen Rundruf zu starten. Alle Pfarreien waren offen und bereit dafür.
Wie sieht der Aufenthalt für Gäste in der Communauté aus?
Die Brüder von Taizé richten sich in erster Linie an Jugendliche. Sie wollen mit jungen Menschen das Leben und den Glauben in großer Einfachheit teilen, quasi wie die ersten Christen. Man schläft im Zelt oder Gemeinschaftsunterkünften, und das Essen ist ebenfalls sehr einfach. Jugendlichen wird vor allem eine Möglichkeit des Austausches über biblische und spirituelle Themen gegeben, aber auch über ihre Aktivitäten in ihren Gemeinden zu Hause. Frère Roger hat einmal gesagt: „Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast. Und wenn es noch so wenig ist. Aber lebe es.“ Zum Leben eines Christen gehört eben nicht nur Gebet und Kontemplation, sondern auch tätige Nächstenliebe.
Was gehört zu einem typischen Tag dort?
Der Tag ist rund um die gemeinsamen Gebete morgens, mittags und abends strukturiert. Vormittags gibt es eine Bibeleinführung und anschließend tauscht man sich in Gesprächsgruppen aus. Hier dreht es sich um Fragen oder Themen, die die Brüder in der Bibeleinführung mitgeben. Gerade diese Gesprächsgruppen habe ich als sehr bereichernd empfunden.
Wo und wie oft finden in Rothenburg die Taizé-Gebetsabende statt?
Wir sind traditionell im Advent in St. Johannis, in der Fastenzeit in Heilig Geist, im Mai in St. Leonhard, im Sommer in St. Peter und Paul (Detwang) und im Herbst in der Franziskanerkirche. In 2018 muss es hier Änderungen geben, da St. Johannis und die Franziskanerkirche wegen Renovierungen nicht zur Verfügung stehen. Anfangs fanden die Gebetsabende viermal im Jahr statt, damals auch noch in Neusitz. Als dann lange renoviert wurde, sind wir in die Kapelle St. Leonhard ausgewichen. Und nachdem Pfarrer Noack fragte, ob ein Gebetsabend zum 1000-jährigen Jubiläum von St. Peter und Paul auch in Detwang stattfinden könnte, ist dieser Ort dabei geblieben.
 Wie läuft ein Taizé-Gebetsabend ab?
Er beginnt mit Liedern bei Kerzenlicht. Danach werden Psalmverse gebetet und es folgt wieder ein Lied. Das Herz eines solchen Abendgebets ist dann eine längere Zeit der Stille, in der jeder sein persönliches Gebet vor Gott tragen kann. Dem folgen Fürbitten, das Vater Unser und ein Gebet, manchmal von Frère Roger, dem Gründer der Gemeinschaft. Psalmverse und Fürbitten sprechen wir – wie auch in Taizé selber – in vielen verschiedenen Sprachen. Zum Schluss wird wieder gemeinsam gesungen.
Welche Rolle spielt dabei der Gesang? 
Der Gesang wird auch als eine Form des Gebetes angesehen. Mit Gesängen wird eben auch gebetet. Kurze, oft wiederholte Gesänge schaffen eine Atmosphäre, in der man gesammelt beten kann.
Weshalb sind die Liedtexte so kurz? 
Der Gedanke der Einfachheit ist wichtig. Der mehrmals wiederholte, aus wenigen Sätzen bestehende Gedanke des Lieds – meistens eine Textstelle aus dem Evangelium – prägt sich leicht ein. Dadurch wird das  Singen meditativ und man kommt zur Ruhe. Zugegeben, bei meinem allerers­ten Besuch in Taizé fand ich die Gesänge zunächst sehr merkwürdig, aber schon nach kurzer Zeit war ich mittendrin. Einige Lieder aus Taizé finden sich auch im neuen Gotteslob wieder. ak/fa

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