Überraschender Besuch der alten Dame

Ein Ereignis: Zwischenlandung des Wellblech-Klassikers Junkers F13 mit prominenter Besatzung

ROTHENBURG – Markus Koch ist gebürtiger Rothenburger und war bis zu seiner Pensionierung vor einem Jahr Flugkapitän bei der Lufthansa. Mit dem Airbus 340  flog er auf Langstreckenflügen in die USA, nach Kanada, Südamerika und Fernost. In jungen Jahren hat er auf einem Segelflugzeug mit der Fliegerei angefangen. Künftig wird er wieder mehr Zeit in seiner alten Heimat verbringen.
Ein Nachbau, dicht am Original, aber mit neuen Zutaten: die Junkers F13.    Foto: Koch

Ein Nachbau, dicht am Original, aber mit neuen Zutaten: die Junkers F13. Foto: Koch

Eichenau im Landkreis Fürstenfeldbruck wird sein Hauptwohnsitz bleiben, auch wegen seiner Frau, die in Oberbayern verwurzelt ist. Markus Koch ist gerade dabei, sich in Rothenburg ein kleines Appartement einzurichten, um sich wieder aktiver im Aeroclub Rothenburg zu betätigen. Er ist Mitglied im Verein und bringt sein Ultraleichtflugzeug mit. Er  hat auch seine Lizenz als Fluglehrer aufrecht-erhalten.

Seine Eltern sind inzwischen verstorben, aber er hat ein halbes Dutzend gute Freunde in Rothenburg, die er noch aus der Schulzeit kennt. Im damaligen Gymnasium am Bezoldweg (heute Berufsschule) hat er Abitur gemacht und danach die Fliegerei  von der Pike auf gelernt.
Im Laufe seines Berufslebens flog er immer größere Flugzeuge, zuletzt mit dem zweitlängsten Passagierflugzeug der Welt – mit Platz und Komfort in Hülle und Fülle. Im Cockpit eines Airbus zu sitzen, der mit 950 Stundenkilometern durch die Welt fliegt garantiert den Kapitänen neben interessanten Erfahrungen auch Spitzengehälter. Während andere Berufsgruppen sich gegen Arbeit bis in hohe Alter sträuben, haben die Lufthansa-Piloten dagegen gekämpft, mit 60 Jahren gegen ihren Willen in den Ruhestand geschickt zu werden.
So hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt, dass Flugkapitäne länger arbeiten und bis 65 Jahre dabei sein dürfen, wenn sie es wollen. Auch Markus Koch gehörte zu den sogenannten „Verlängerern“. Sein Flottenchef hatte ihn gebeten, „noch ein bisschen zu bleiben“. Der begeis­terte Flieger war schnell überredet „und hängte noch zwei Berufsjahre dran“. Bei seinem letzten Airbus-Flug gab es zum Abschluss die traditionelle Flugzeug-Dusche der Flughafen-Feuerwehr.
Fähigkeiten einbringen 
Seiner Leidenschaft für die Luftfahrt frönt Markus Koch auch weiter in der zivilen Privatfliegerei. Um seinen Ruhestand zusätzlich mit Inhalt und Sinn zu füllen, hat er vor mehreren Jahren angefangen, sich journalistisch zu betätigen. Er schreibt mit seinen Fachkenntnissen für den „Aerokurier“, ein Magazin für Aktive der Luftfahrt, das aber wie viele Verlage unter Leserschwund und unter der Konkurrenz durch Online-Medien leidet.
Bei seinem jüngsten Rothenburg-Besuch trank er auf dem Flugplatz mit Flugleiter Thomas Guttropf einen Kaffee, als ein ungewöhnliches Sportflugzeug einflog. Es war um einiges größer und vor allem langsamer als die gewohnten Cessnas und Pipers. Es war eine Junkers F13. Dieses Flugzeug des berühmten Dessauer Kons-trukteurs wurde erstmals 1919 in Dienst gestellt und gilt bis heute als der Urahn aller Verkehrsflugzeuge.
Erkennungszeichen, wie fast bei allen Konstruktionen von Professor Hugo Junkers, ist die komplette Beplankung mit gewelltem Duraluminium, dem vor allem die legendäre JU 52 ihren Beinahmen „Wellblechtante“ verdankte. Durch diese Bauweise erzielte man eine enorme strukturelle Festigkeit. Auch die Aerodynamik wurde durch die in Längsrichtung verlaufenden Rillen keinesfalls negativ beeinflusst.
Von den etwa 300 gebauten Exemplaren der F13 ist heute kein einziges mehr flugfähig. Trotzdem war der Besuch in Rothenburg kein „Geisterflug“, denn es handelt sich um einen Nachbau. Initiator des Projekts, das nicht weniger als 12000 Arbeitsstunden erforderte, ist der Kölner Unternehmer Dieter Morszeck. In minuziöser Feinarbeit wurde die F13 im Schwarzwald bis ins letzte Detail rekonstruiert. Als Vorlage dienten die wenigen Flugzeuge, die noch in Museen erhalten sind, und – soweit noch vorhanden – Pläne von Hugo Junkers selbst.
Markus Koch in seiner alten Heimat. Foto: Schäfer

Markus Koch in seiner alten Heimat. Foto: Schäfer

Mit unvergleichlicher Würde und Gelassenheit sowie mit dem dumpfen Grollen des Sternmotors rollte das Flugzeug im Schritttempo an die Tankstelle auf dem Flugplatz. Es kam aus Norddeutschland und flog später weiter nach Fried­richs­hafen, wo es auf der internationalen Flugzeugmesse „AERO“, die noch bis zum heutigen Samstag geht, sicherlich als der Stargast schlechthin gelten dürfte.

Ein Kuriosum der F13 wurde an diesem regnerischen Tag besonders deutlich: Die beiden Piloten sitzen im Freien, die vier möglichen Passagiere dagegen in einer geschlossenen Kabine. Und so kletterten sie erst einmal recht klamm aus dem Cockpit, der schweizer Berufspilot Urs Nagel und sein Copilot Dieter Morszeck. Der in der komfortablen Kabine mitreisenden jungen Dame waren dagegen keinerlei Strapazen anzusehen. Beide, Piloten und Passagiere, verließen das Flugzeug über die Tragfläche. Leider konnten sie nicht lange bleiben. Nur Auftanken und ein Imbiss im Stehen, denn das schlechte Wetter trieb die Junkers und ihre Equipage förmlich vor sich her.
 Eine mächtige Erscheinung 
Ein wenig Zeit für ein paar Eindrücke blieb dennoch. Die F13 steht da wie „aus dem Laden“. Die Endmontage erfolgte in der Schweiz, auch darum trägt sie ein eidgenössisches Kennzeichen: HB-RIM. Das maximale Abfluggewicht liegt bei 1999 Kilogramm, die Reisegeschwindigkeit bei 95 Knoten beziehungsweise 175 Stundenkilometer. Die Abmessungen sind für ein „Verkehrsflugzeug“ überschaubar: die Spannweite beträgt knapp 15 Meter, die Rumpflänge 9,6 Meter. Trotzdem beeindruckt die F13 am Boden als eine mächtige Erscheinung.
Alles ist vorbildgetreu an der HB-RIM, lediglich bei zwei Komponenten musste das Team Kompromisse eingehen: Am Heck ersetzt nunmehr ein kleines Rad den ursprünglichen Schleifsporn. Damit kann die F13 – wie in Rothenburg – auch auf asphaltierten Pisten landen. Und schließlich das Triebwerk, ein Sternmotor von Pratt & Whitney, der 450 PS leistet. Wenn auch nicht alle, so wurden doch die meisten der früheren F13-Flugzeuge mit einem Sechszylinder-Reihenmotor angetrieben.
Kölns Koffer-König an Bord  
Erst vor kurzem ist der Nachbau der Junkers mit der Zulassung durch die europäische Luftfahrtbehörde EASA gekrönt worden. Hinter vorgehaltener Hand werden die Entwicklungs- und Baukosten des Projekts mit fünf Millionen Euro beziffert. Dazu ist anzumerken, dass es sich bei dem Investor Morszeck um den Inhaber des Koffer-Herstellers Rimowa handelt. Die Unternehmensgruppe zählt zu den erfolgreichsten Produzenten von Koffern aus Aluminium und dem leichten wie robusten Material Polycarbonat.
Die Wellblech-Technologie von Junkers in Dessau hat auch Pate gestanden für das Design seiner Produkte. Somit steht die HB-RIM nicht nur für die Erfüllung von Morszecks Lebenstraum, sondern sie dient auch als unverwechselbarer Image-Träger seines Unternehmen. Aber auch die Herstellung und der Vertrieb weiterer Exemplare der F 13 ist angedacht. Behäbig aber würdevoll startete die Junkers wieder und wagte sich unter den regnerischen Himmel. Flugleiter Guttropf und Markus Koch waren sich  einig, dass eine eigene F13 auch dem Aero-Club Rothenburg nicht schlecht stehen würde. Abgesehen von den Kosten und auch nur bei trockener Witterung. km/sis

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