SPD-Ortsverband setzt auf Zukunftsthemen und Stadt-Land-Kooperation
ROTHENBURG – „Der beste Weg, die Zukunft vorherzusagen, ist und bleibt, sie zu gestalten“, sagte einst Willy Brandt. „Am besten mit und in der SPD“, ergänzte Christoph Rösch. Bei der jüngsten Jahreshauptversammlung im Gasthaus „Glocke“ schwor der Vorsitzende der Rothenburger Sozialdemokraten die knapp 30 anwesenden Mitglieder auf die nun anliegenden Aufgaben ein und sprach auch die Koalitionsverhandlungen an, für die die Genossen auf Bundesebene einige Kritik ernteten.

Sozialdemokratische Stadt-, Bezirks- und Landespolitik vereint (v.l.): Gerd Rößler, Christoph Rösch, Dr. Günther Strobl, Alfred Herrscher, Christa Naaß und Norbert Ringler. Foto: Scheuenstuhl
Dem im Zuge der schwierigen und langwierigen Regierungsbildung oft geäußerten Vorwurf, die SPD mache es sich und anderen wieder einmal nicht leicht, konnte der vor gut einem Jahr an die Spitze des Ortsvereins gewählte Rösch auch etwas Positives abgewinnen. Als SPD habe man auf diese Weise „auf jeden Fall mehr erreicht“, als jene, die politische Entscheidungen „stets als alternativlos verkaufen“ oder „hinschmeißen und davonlaufen“, wenn es ernst wird. Er sei froh, dass die Genossen auf Bundesebene „genau hingucken und aktiv mitwirken, welcher politischer Kurs eingeschlagen wird“, sagte Christoph Rösch.
Die Frage nach Kompromissen war in den vergangenen Monaten von zentraler Bedeutung. Dieses Aushandeln von Positionen ist ein „grundsätzlicher Bestandteil von demokratischer Politik“, wenn man damit größere Ziele verwirklichen könne, betont er. Problematisch werde es, wenn man diese nicht mehr erkenne. Klar sei, so der Ortsvorsitzende, dass die SPD in der Regierung daran mitwirken müsse, die Ergebnisse aus den Koalitionsverhandlungen auch „tatsächlich umzusetzen“.
Darüber darf aber nicht vergessen werden, über die großen Ziele, also über das, „was danach kommt“, nachzudenken, mahnt er an. Die viel beschworene Erneuerung bedeute für ihn „über die Zukunft zu reden“. Die damit verbundenen Fragen – Digitalisierung, Globalisierung – Europäisierung – stellen sich von ganz allein. „Die SPD muss aber eigene, unverwechselbare Antworten darauf finden“, ist der Vorsitzende überzeugt. Ob dies unbedingt in Form eines Grundsatzprogramms geschehen solle, stellte er in Frage.
Mitten durch Gesellschaft
Heutzutage seien Gesellschaft und Politik bei Streitfragen nicht mehr in ein rechtes und linkes Lager gespalten. Vielmehr verliefen Konfliktlinien nun mitten durch die Gesellschaft und damit auch mitten durch die Anhängerschaft der SPD. Christoph Rösch sieht darin eine Chance für die Sozialdemokratie, wenn sie „ehrlich über die Zukunftsthemen“ spricht und sich „nicht dem pauschalen Schönreden oder dem kategorischen Schlechtreden hingibt“. Und wenn sie den damit verbundenen Fortschritt bejaht, aber auch dafür sorgt, dass er „nicht nur für wenige fühlbar“ sei.
Im Sinne August Bebels, Mitbegründer der deutschen Sozialdemokratie, sei hierfür eine politische Kraft gefordert, die „für eine Gesellschaftsordnung arbeitet, in der alle aktiven Kräfte miteinander verbunden werden und zu aller Nutzen zusammenarbeiten sollen.“ Diese Überzeugung müsse auf die Zukunftsthemen angewandt und neu durchdekliniert werden, sagt Rösch: „Das wäre die unverwechselbare Antwort der SPD.“
Erneuerung sei auch aus der Regierung heraus „nicht unmöglich“, wenngleich schwieriger. Eines sei ihm in den vergangenen Monaten klar geworden: Als Parteibasis müsse man der Parteispitze „genau auf die Finger schauen, damit das Versprechen nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt“. Wandlungsprozesse und Zukunftsthemen machen aber auch vor der hiesigen Region nicht Halt, wie unter anderem die Berichte von Dr. Günther Strobl und Gerd Rößler verdeutlichten.
Der Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion rief in Erinnerung, dass auf Antrag der SPD – und mit Unterstütztung der anderen Fraktionen – der erste Haushaltsentwurf an die Verwaltung zurückgewiesen wurde. Man habe damit festgeklopft, dass die nun folgenden Haushaltsplanungen in gleicher Weise angegangen werden, also dass nur jene Projekte angeführt werden, die die Verwaltung auch personell abarbeiten könne.
Gegen Starrsinn gewehrt
Als SPD habe man sich in Sachen Aufzug im Rathaus „ganz massiv“ gegen den „Starrsinn eines einzelnen Stadtrats“ gewehrt, so Dr. Strobl weiter. Das neue Industriegebiet werde die Stadt „weit in die Zukunft führen“ – ebenso der Campus Rothenburg, ist er sich sicher. Bezahlbarer Wohnraum ist eines der zentralen Themen für die örtlichen Sozialdemokraten. Deswegen stellte die SPD bereits 2015 einen Antrag auf ein neues Gebäude für Sozialwohnungen. Das neue Wohnbaugebiet begrüßte der Fraktionsvorsitzende.
„Nur gemeinsam erreichen wir etwas. Nur gemeinsam können wir uns weiter entwickeln. Nur gemeinsam bestehen wir die Zukunft“: Dieser Leitgedanke des Konzepts zur Integrierten Ländlichen Entwicklung zog sich wie ein roter Faden durch die Ausführungen des Gebsattler Bürgermeisters Gerd Rößler, der die Entwicklungen im ländlichen Gebiet vorstellte. Im Sinne einer nachhaltigen Politik, ist für ihn die interkommunale Zusammenarbeit der einzig richtige Weg – auch um entsprechende Fördertöpfe anzuzapfen.
Als konkretes Beispiel nannte er die Erhöhung der Mobilität im ländlichen Raum durch ein Flexibus-System. Die Mitgliedsgemeinden der ILE-Region Rothenburg haben jüngst gemeinsam beschlossen, einen Antrag an den Landkreis auf Erstellung eines Bedarfsverkehrskonzepts einzureichen. „Es bleibt wichtig, gegenüber dem Landkreis als ILE-Region geeint und standfest diesen Ansatz zu vertreten“, so Gerd Rößler.
Bedarfsanalyse erstellen
Ein weiteres Zukunftsthema des ländlichen Raums ist die Innenentwicklung. Der drohende Leerstand angesichts des Strukturwandels in der Landwirtschaft erfordere „intelligente und nachhaltige Antworten“. So soll nun eine Bedarfsanalyse zum Thema Innenentwicklung erstellt werden. Doch Kommunen müssten auch kurzfristig Baugrund zur Verfügung stellen, betont das Gebsattler Gemeindeoberhaupt.
Als weiteren „Meilenstein der interkommunalen Zusammenarbeit“ führte er die Gründung der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) an der Romantischen Straße im Jahr 2014 an. Im Sinne von „Bürger gestalten ihre Heimat“ soll der ländliche Raum durch eine selbstbestimmte Entwicklung wirtschaftlich und kulturell gestärkt werden. „Stadt und Land sind keine Gegensätze, dürfen es in unserer Region auch gar nicht sein“, ist Gerd Rößler überzeugt. Und so stimmt er der Überschrift der Jahreshauptversammlung „Stadt – Land – Zukunft“ auch vollends zu – vorausgesetzt man gestaltet diese Zukunft gemeinsam.
Ehrung von Mitgliedern
Ein Blick zurück wurde in Form von Ehrungen geworfen. Alfred Herrscher ist seit mittlerweile 60 Jahren Mitglied der SPD und erhielt für diese Treue eine Urkunde sowie eine kleine Aufmerksamkeit überreicht. Michael Sommerkorn (er war an diesem Abend verhindert) ist seit immerhin 25 Jahren im Besitz des roten Parteibuchs.
Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl konnte man mit Norbert Ringler auch den Direktkandidaten für den Stimmkreis Ansbach Nord in der Tauberstadt begrüßen. Als gelernter Immobilienkaufmann, der mittlerweile als Selbstständiger in der Immobilienwirtschaft tätig ist, konzentrierte er sich bei seinen Darlegungen der Landespolitik auf die Themen Bauen und Wohnen.
„Wir wollen den sozialen und genossenschaftlichen Wohnungsbau und auch den privaten ausbauen“, erklärt er und fügt hinzu, dass man gleichzeitig aber auch eine Entwicklung der Innenstädte brauche. Bei der anstehenden Landtagswahl hofft er, „ein paar mehr westmittelfränkische Abgeordnete nach München“ zu bekommen, um dort der Region mehr Gewicht verleihen zu können.
Auch Christa Naaß, Vizepräsidentin des Bezirkstags, schaute bei der Versammlung vorbei und legte ihre Kritik an dem Polizeiaufgabengesetz sowie dem Psychisch-Kranke-Hilfe-Gesetz dar. Sie weilte gerade in der Tauberstadt bei einer Klausurtagung der Führungskräfte des Bezirks. mes
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