Altdorfer tagten im Rats-Saal
Haltung zu Themen etwas anders als in Rothenburg
ROTHENBURG – Wie unterschiedlich von alter Stadt zu alter Stadt selbst im Mittelfränkischen Themen wie die Auflagen für Werbeanlagen im historischen Umfeld und auch die Wiedereinführung früherer Kfz-Kennzeichen gesehen werden, hat der Besuch einer Delegation aus Altdorf am vergangenen Wochenende in Rothenburg gezeigt.
Ihre Visite mit Abstecher im Rathaus nutzte die 22-köpfige Gruppe der Wählervereinigung Freie Wähler/Unabhängige Liste Altdorf (FW/UNA) zu einem politischen Meinungsaustausch im Sitzungssaal. Zur Sprache kamen dabei Themen wie der Tourismus (als Chance und Risiko für eine Kommune) aber auch die Entwicklung historischer Innenstädte.
Der FW/UNA-Fraktionsvorsitzende Thomas Dietz betonte bei dieser Gelegenheit, es sei eine schwierige Aufgabe, Werbeanlagen bzw. Außenwerbung in historischen Innenstädten in das denkmalgeschützte Umfeld zu integrieren, da eine Funktion von Werbung unter anderem darin bestehe, mö̈glichst effektiv und positiv aufzufallen. Werbung sei wichtig, damit auch die Einzelhä̈ndler und Gastronomen in Innenstädten mö̈glichst erfolgreich auftreten und entsprechende Umsä̈tze generieren können. In den Unterhalt denkmalgeschü̈tzter Gewerbeimmobilien werde nur dann investiert, wenn sich dort auch Geld verdienen lässe.
Bü̈rgermeister Kurt Förster (SPD), der die Delegation in Vertretung des erkrankten Oberbürgermeisters Walter Hartl begrüßt hatte, brachte in diesem Zusammenhang unter anderem den Leerstand an einigen Stellen in der Rothenburger Altstadt zur Sprache. Nicht von ungefähr sei eine Initiative eingeleitet worden, um dem entgegenzuwirken.
Im kommenden Jahr werde die FW/UNA-Fraktion die städtische Werbeanlagensatzung von Altdorf auf den Prüfstand und in ein paar Punkten liberalisieren. In Rothenburg zeigen sich die politisch Verantwortlichen in diesem Punkt nicht zuletzt mit Blick auf das historische Ensemble und auf dessen Bedeutung für den Tourismus sowie im Interesse eines geschlossenen, möglichst einheitlichen Erscheinungsbildes deutlich zurückhaltender.
Auch die Wiederzulassung alter Kfz-Kennzeichen war Thema bei den politischen Gesprächen. Die von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer gestützte Initiative sei vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich bundesweit durchgeführten Gebietsreformen nicht wirklich durchdacht, kritisierte Cordula Breitenfellner, die Ortsvorsitzende der Altdorfer Freien Wähler und der Unabhängigen Liste.
Die frühere Bundesgeschäftsführerin der Freien Wähler, die als freie Architektin tätig ist, zeigte das am konkreten Beispiel auf. So würde die Stadt Rothenburg ob der Tauber mit ihren 11000 Einwohnern zwar mit dem alten „ROT“ als Kennzeichen ihre ursprünglich regionale Identität zurückerhalten. Der südliche Landkreis Nürnberger Land mit etwa 60000 Einwohnern aufgrund der durchgeführten Gebietsreform im Jahre 1972 und der damit verbundenen Zweiteilung der damaligen Gebietskörperschaft könne gar nicht mehr das ursprüngliche „N“-Kennzeichen für Nürnberg erhalten.
In der Gesprächsrunde waren sich alle einig: Die Wiedereinführung der alten Kfz-Kennzeichen vereinzelten Gebietskörperschaften bringe zwar hinsichtlich der Steigerung des Bekanntheitsgrades möglicherweise Nutzen. Aber insgesamt stelle das einen Rückschritt dar.
Rothenburgs parteiloser Oberbürgermeister Walter Hartl, der auf Kreistagsebene der Fraktion der Freien Wähler angehört, macht sich dagegen bekanntlich für die Wiedereinführung des ROT-Kennzeichens stark und sieht sich in diesem Punkt unterstützt von einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung.
Bei den Gesprächen, zu denen Landtagsabgeordneter Dr. Peter Bauer aus Sachsen bei Ansbach gestoßen war, ist auch die geplante Einführung des Kinderbetreuungsgeldes und die daraus resultierenden finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen Thema gewesen.
Da die Einführung des Betreuungsgeldes durch die schwarz-gelbe Bundesregierung beschlossen wurde und es im Gegensatz zu den Ländern auf Bundesebene kein Konnexitätsprinzip gebe, werde sich diese politische Entscheidung direkt zu Lasten der Kommunen auswirken, wenn hier nicht die Länder entsprechend eingreifen und in ihrem Staatshaushalt für finanziellen Ausgleich sorgen, hieß es.
Die Stadt Rothenburg muss bekanntlich weitere Kapazitäten schaffen, um der gesetzlichen Verpflichtung nachkommen zu können, wonach jedem Kind schon im zweiten Jahr nach der Geburt ein Platz in einer Tagesstätte garantiert ist. Wie viele andere Kommunen, hat die Tauberstadt den Betrieb von Vorschuleinrichtungen an andere, vorwiegend kirchliche Träger weitergegeben.
Nicht der Bau und der Unterhalt von Kindertagesstätten, sondern die Personalkosten würden zur finanziellen Belastungsprobe der vielerorts sowie schon sehr angeschlagenen Kommunen werden, bemängelte Dr. Bauer: „Es wird endlich Zeit, dass die Kommunen eine Finanzausstattung erhalten, die nicht immer nur noch ein Reagieren auf Gesetze und überregionaler Beschlüsse, sondern ein Agieren und damit ein eigenständiges, bedarfsgerechtes und zukunftsorientiertes Gestalten ihrer Kommune ermöglicht.“
Kellermeister Ottomar Dörrer hatte eingangs der Gruppe zum Willkommen den Meistertrunk-Humpen gereicht. Im Zuge des Empfangs übergab die Altdorfer Delegation, der unter anderem auch der 2. Bü̈rgermeister Dr. Hartmut Herzog und Stadtrat Adalbert Loschge angehörten, einen historischen Bildband ü̈ber Altdorf an Kurt Förster.
Es wü̈rde die Delegation freuen, wenn Oberbü̈rgermeister Hartl und der Bürgermeister die kommenden Wallenstein-Festspiele in Altdorf im Jahr 2015 durch ihre Teilnahme bereichern könnten, betonte Cordula Breitenfellner.
Zu der Gruppe stieß im Rathaus auch ein prominenter Vertreter der Freien Wähler aus dem Saarland und schloss sich gerne an. Professor Dr. Bernd Richter aus Saarbrücken, dort Landes- und auch Fraktionsvorsitzender, besuchte gerade zusammen mit seiner Frau Almuth die Tauberstadt und nutzte die Gelegenheit, hier etwas Zeit im Kreise von Gesinnungsfreunden zu verbringen.
Mit dem Besuch des Reiterlesmarktes und mit einer Führung durch die historische Altstadt klang für die Gruppe der Besuch in Rothenburg aus.
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