Neuerliche Unterschriftenaktion und Online-Petition gegen die Philosophenweg-Bebauung
ROTHENBURG – Unterschriftenaktion gegen die geplante Bebauung des Philosophenweges im stadtna-men Rest-Grüngürtel. Bürger wenden sich gegen den irreparablen Verlust an historischem Boden und Naturgrün. Mit der Überreichung der über zweihundert Unterschriften bekam Oberbürgermeister Walter Hartl auch ein Glas mit frischem Apfelmus, gemacht aus den Äpfeln der Streuobstwiese am Philosophenweg, überreicht.
Eva Knoll (li) und Christa Molitor (re) mit Kindern und Enkeln bei OB Hartl. Foto: Schäfer
Eva Knoll, Hauptinitiatorin der neuerlichen Initiative, hat auch ein Schreiben an den Stadtrat verfasst mit der Bitte, den Bebauungsplan von 2009 „noch einmal unter den ökologischen Erkenntnissen der vergangenen zehn Jahre zu diskutieren.“ Ein solcher altstadtnaher Grüngürtel sei „mittlerweile wertvoller, als man es sich damals hätte ausmalen können.“ Ihre Unterschriftenaktion war nach nur einer Woche des Umlaufs in zwei Rothenburger Geschäften auf breite Resonanz gestoßen und von mehr als zweihundert Bürgern unterzeichnet worden. Die Zeit drängt, denn die Stadt will den Verkauf der Grundstücke angehen.
Zur Unterschriftenübergabe kam Eva Knoll in Begleitung ihrer vier Kinder und der Rothenburgerin Christa Molitor sowie deren beiden Enkelkindern. Neben den aktuellen Unterschriften bekam das Stadtoberhaupt auch noch die rund 1200 Unterschriften in Kopie überreicht, die vor zehn Jahren zusammengekommen waren als breiter Widerstand innerhalb der Bevölkerung.
Ekkehart Tittmann hat eine Online-Petition gestartet. „Jetzt sollen die letzten noch unbebauten Grundstücke im stadtnahen Rest-Grüngürtel parzelliert und als teure Filetstücke an den Mann gebracht werden.“ Eine Veräußerung „in Bungalow-Großparzellen“ sei kein Grün-Erhalt. Für Bebauung stünden „genügend Neubaugebiete“ in ausreichender Distanz zur Verfügung. „Wir, der eigentliche Souverän, die mehrheitlichen Stadtbürger mit Familie, brauchen weiter unsere natürlichen Nahbereiche für Leben und Erholung und fordern sie gegen den Mammon für uns ein.“
Es brauche einen Aufstand der Bürger, aber auch der Historiker, um das „allerletzte Stück Vormauergelände-Ost vor dem Zubauen zu retten“, so Ekkehart Tittmann. Es gebe „handfeste Beweise“ für eine Vorbefestigung. Der sogenannte „Topplerwall ist kein Phantom“, an ihm wurde die Eisenspitze eines spätmittelalterlichen Armbrustbolzens gebogen. Der See diente außerdem der mittelalterlichen Justiz, wo unter anderem verführte Mädchen, die aus Not zu Kindsmörderinnen geworden waren, ertränkt wurden, wie auch in in der „Linde“-Beilage zu lesen war. 1432 sei dort ein Geldwechsel-Betrüger seiner Strafe zugeführt worden.
Noch leben Bürger, die einst im Winter unter der Turmseeleinbrücke hindurch auf dem Eis „schlittelten“, sagt Ekkehart Tittmann. Das heute trockene Seelein war bis weit nach 1945 voll Waser mit Schilfbestand. „Die sechs Grundstücke am Turmseelein lösen keine Rothenburger Bauplatzprobleme. Was hier kurzsichtig und unwiederbringlich verloren geht, ist viel kostbarer: einzigartige Stadtsubstanz.“
Christine Birmann hatte sich an die Rothenburger Grünen gewandt mit der Bitte nach Rücknahme des Bebauungsplans. Doch in der Antwort machte der Fraktionsvorsitzende Dieter Seiferlein deutlich, dass man keine Notwendigkeit sieht, von der seinerzeit getroffenen Entscheidung abzurücken. Auch Oberbürgermeister Walter Hartl machte den Vertreterinnen der Bürgerinitiative wenig Hoffnung auf Erfolg und wiederholte seine Argumente, dass die Planung das Ergebnis eines intensiven Diskussionsprozesses und umfassenden Abwägungsverfahrens gewesen sei. Der Forderung der Bürger, dass möglichst viel Grün erhalten bleibt, habe man Rechnung getragen.
Als weiteres Argument wird ins Feld geführt, dass die Stadt Baugrund benötigt. Die schnelle Bebauung des westlichen Teils am Philosophenweg und im Baugebiet Heckenacker Mitte zeige, dass der Bedarf an Grundstücken vorhanden ist. Parallel dazu hat sich auch das Wohngebiet am Katzenbuckel rasch gefüllt. Weitere Anfragen nach bebaubaren Grundstücken und der „aktuelle Wohungsmangel“ erfordern sogar die nochmalige Ausweisung eines Wohngebiets zwischen der Würzburger und der Schweinsdorfer Straße mit dem zukünftigen Baugebiet „Am Himmelweiher“.
Eva Knoll will nicht glauben, dass es keine Alternative zur Philosophenweg-Bebauung gibt. Sie und die anderen Mitstreiter warten nun darauf, dass das Bürgeranliegen doch noch zu einer Resonanz im Stadtrat führt und der „schöne Naturstreifen“ erhalten bleibt. sis
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