Pfarrer kritisieren

Landeskirche darf sich nicht wie ein Konzern verschlanken

ROTHENBURG – Die evangelische Kirche kann sich nach Ansicht der Vorsitzenden des Bayerischen Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins, Corinna Hektor, nicht wie ein moderner, profitabler und schlanker Konzern aufstellen. Bei ihrem Jahresbericht während der Frühjahrstagung im Wildbad Rothenburg zog Hektor am Dienstag gleich mehrere Parallelen zwischen der Kirche und der Privatisierung der Deutschen Bahn: „Es gibt erstaunlich viele Vergleichspunkte.“

Im Rothenburger Wildbad ging der Pfarrer- und Pfarrerinnenverein kritisch ins Gericht mit der Landeskirche. Foto: Weber

Die Bahn habe in jüngster Zeit vor allen Dingen auf Hochglanz-Prospekt-taugliche Großprojekte gesetzt – vergleichbar mit den „Leuchttürmen“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), kritisierte die Vorsitzende des Bayerischen Pfarrer-
und Pfarrerinnenverbands.

Hektor sagte, bei der Bahn habe man bei der Privatisierung etliche Dinge vorausgesetzt, die nicht zur Bahn passen. Die Bahn sei ein Teil der bundesdeutschen Infrastruktur gewesen – so wie die Kirche auch, betonte die Vereinsvorsitzende: „Mit verlässlicher Präsenz, Gottesdienst, geistlicher Nahrung, Sozialangeboten, Heimat und sozial-diakonischer Arbeit haben sich die Kirchen in Deutschland positioniert.“

Ähnlich aber besser als die Bahn gemacht

Anders als die Bahn habe die bayerische Landeskirche vieles besser gemacht. Sie habe ihre Kirchen renoviert, Gebäudekonzeptionen erstellt – während so mancher Bahnhof fast verrotte: „Das sollte fortgeführt werden.“

Bei der Bahn sei inzwischen das größte Problem der Personalmangel. Bei Streiks zum Beispiel setze man auf die wenigen noch verbliebenen Beamten, um wenigstens ein Notprogramm hinzubekommen.

Hektor mahnte seitens der Kirchenleitung Wertschätzung für die Berufsgruppe der Pfarrerinnen und Pfarrer an. Dies meine nicht „ein paar freundliche Worte, sondern eine Haltung“. Auf der Leitungsebene gebe es nämlich Personen, „die der Meinung sind, dass wir unser Geld nicht verdienen“, sagte sie auch mit Blick auf die Diskussion um geplante Kürzungen bei den Pensionen. Dieser Vorstoß sei wie eine Ohrfeige angekommen.

Der landeskirchliche Personalchef, Oberkirchenrat Stefan Reimers, sagte in seinem Grußwort, es sei ihm wichtig, mit dem Pfarrerverein „gut in Kontakt und im Austausch“ zu sein. Er räumte ein, dass „die Themen, die wir gleich am Anfang miteinander hatten“, nicht gerade die für einen lockeren, fröhlichen Einstand gewesen seien.

Zum Auftakt gleich viel gerungen  und gestritten

„Es lag sofort Strittiges auf dem Tisch“, erinnerte auch er an das sogenannte Eckpunkte-Papier zur Pensionsdebatte. Er habe sich diese Themenlage „natürlich nicht ausgesucht“, man habe viel miteinander gerungen und gestritten. Er hoffe, dass der Austausch weiter so offen bleibe.

Oberkirchenrat Reimers kündigte an, dass die Landeskirche nun auf fünf bis zehn Prozent ihrer Mitarbeiter stichprobenartig zugehen und diese dann bitten werde, sich von der Rentenversicherung „ihren ganz persönlichen Rentenanspruch ausrechnen zu lassen“.

Mit diesen Zahlen könne man verlässlicher planen. Das hätte man natürlich auch schon vor der Frühjahrssynode in Lindau machen können, räumte er ein. Für solche Kritik habe er Verständnis. Dies sei jedoch aus Personalgründen nicht möglich gewesen. Über das Eckpunkte-Papier wurde nach Kritik nicht wie geplant auf der Frühjahrssynode in Lindau beraten.

Der Pfarrer- und Pfarrerinnenverein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) versteht sich als Interessenvertretung für die knapp 2600 Pfarrerinnen und Pfarrer im Bereich des Freistaats.

Insgesamt sind im Verein der ELKB derzeit rund 3.000 Mitglieder  organisiert – darunter mehr als 1700 Pfarrer, fast 1000 Pfarrer im Ruhestand, und auch mehrere Dutzend Vikare.                                            epd

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