Künftige Maßnahmen

Gesetzliche Bedingungen fordern weiteres Handeln

ROTHENBURG – Pfingst-Festspiele, Reichsstadt-Festtage, Weindorf, Taubertal-Festival und vor allem die Weihnachtsmarkt-Saison sorgen mit ihren Menschenmassen für hohe Abwassermengen und damit für Belastungsschwankungen in der Kläranlage. Das ist einer der Gründe neben schärferen Bestimmungen, warum in die nächsten Jahren Erneuerungs- und Umbaumaßnahmen größeren Umfangs bei der Abwasserreinigung durchgeführt werden müssen, um eine Überschreitung der im Wasserhaushaltsgesetz geregelten Grenzwerte zu vermeiden.

Auch im laufenden Betrieb nutzen die städtischen Fachkräfte verschiedene Möglichkeiten zur Verbesserung der Reinigungsleistung. Beispielsweise durch den verstärkten Einsatz von Fällmitteln, die dem Abwasser Nährstoffe entziehen. Fünf Beschäftigte arbeiten in der Kläranlage unter der Leitung von Manfred Gröner. Zum Personal gehört ein Auszubildender als angehende Fachkraft für Abwassertechnik. Kürzlich vergab der Stadtrat den Auftrag für die Erneuerung der Anlage zur Eindickung des Klärschlamms aus der Nachklärung.

Was an Abwässern aus Haushalten und Betrieben über die Kanalisation in die Kläranlage fließt, verursacht hohe Kosten. Fotos: Schäfer

Was an Abwässern aus Haushalten und Betrieben über die Kanalisation in die Kläranlage fließt, verursacht hohe Kosten. Fotos: Schäfer

Die alte Anlage, Baujahr 1999, war verschlissen, eine Reparatur nicht mehr wirtschaftlich. Zudem arbeitete die Maschine an der Kapazitätsgrenze. Zur Aufrechterhaltung des Betriebs war eine Ersatzbeschaffung notwendig. Gleichzeitig wurde die Tragfähigkeit der Kellerdecke in dem bestehenden Maschinenhaus durch eine Stahlkonstruktion verbessert. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 240000 Euro.

Bei einem Ortstermin in der Kläranlage erläuterten Manfred Gröner und Florian Lezius vom beauftragten Ingenieurbüro Bau aus Puchheim interessierten Stadträten und Vertretern der Verwaltung den Belastungszustand der Kläranlage und zeigten Lösungsvorschläge für ein langfristiges Gesamtkonzept auf. Das Ingenieurbüro hat vor einiger Zeit eine Studie für die Rothenburger Abwasserbehandlungsanlage erstellt und als „dringliche Maßnahmen“ neben der Erneuerung der Überschlamm­ein­dickung zur massenmäßigen Reduzierung des anfallenden Klärschlamms auch den Einbau einer etwa 150000 Euro teuren Fettabscheidung in den bestehenden Sandfang empfohlen. Eine notwendige Investition sei auch der Bau eines zusätzlichen Belebungsbeckens. Rund 1,4 Millionen Euro kostet seine solche Erweiterung.

Die Schmutzstoffe im Abwasser werden von mehreren Reinigungsstufen abgebaut: in mechanischen, biologischen und physikalischen Prozessen. Bei starkem Regen wird durch die Gullys viel Sand in die unterirdische Kanalisation gespült. Im Sandfang in der Kläranlage können sich Sand und die kleinen Steinchen, die durch den Rechen hindurch geschlüpft sind, am Boden absetzen. Sie sinken durch ihr Gewicht nach unten und können vom Boden des Beckens herausgepumpt werden.

Nach dem Sandfang gelangt das Schmutzwasser in die Vorklärung. In dem Becken, setzt sich zunächst der Schlamm ab, außerdem werden Schmutz und Fettreste abgeschöpft, die auf der Oberfläche schwimmen. Im Belebungsbecken nutzt man die Bakterien. Diese winzigen Lebewesen fressen die meisten Schmutzteilchen auf. Damit sich die Bakterien wohlfühlen und vermehren können, brauchen sie Sauerstoff. Bakterien, die im Schlamm leben, entfernen andere Fremdstoffe aus dem Wasser. Mit jedem Vorgang wird das Wasser sauberer und ist schließlich so rein, dass es in die Tauber geleitet werden kann.

Der Schlamm kommt in den Faulturm und wird von Bakterien in Gas (zur Stromerzeugung und Wärmegewinnung), Wasser und Feststoffe zersetzt. Das klingt alles einfach, sind aber komplexe Vorgänge. Die Klärschlämme entsorgt die Stadt seit dem Debakel mit der insolventen kommunalen Klärschlammverwertungsanlage in Dinkelsbühl in einer Verbrennungsanlage in Tschechien.

Unnötige Kosten, die über die Abwassergebühr von den Bürgern getragen werden müssen, verursachen feste Abfälle wie Speisereste und Hygieneartikel sowie Speiseöle, -fette vor allem aber Hausmüll, der ins Abwasser gelangt. Auch Neusitz und Gebsattel leiten ihr Abwasser in die Rothenburger Kläranlage, die auf 38000 Einwohnergleichwerte ausgelegt ist. Gerechnet nach den Einwohnern und häuslichem Abwasser eines einzelnen Einwohners von etwa 150 Liter am Tag.

Eine Überschreitung der wasserrechtlichen Einleitung in den Vorfluter führt nach Angaben von Florian Lezius zu einer erheblichen höheren Wasserabgabe von rund 180 000 Euro im Jahr und gegebenenfalls zu rechtlichen Folgen. Die Vorgaben sind sehr streng. Die Privatisierung der Gewässeraufsicht wird die Situation verschärfen. Private Sachverständige und Prüflaboratorien übernehmen die Kontrollaufgaben, Messungen und sonstige Untersuchungen. Land­ratsämter und Wasser­wirt­schafts­amt haben behördliche Verantwortung abgegeben, um qualifiziertes Personal einzusparen.

Beim letzten Klärbeckenbau 1990 waren Erweiterungsmaßnahmen vorgesehen, wurden aber vom Landesamt für Wasserwirtschaft nicht genehmigt. Jetzt nähert man sich der Situation zum Nachrüsten. Das älteste Klärbecken, dort passiert die Hauptreinigung, stammt aus den 70er Jahren und hat nach 43 Jahren seine Lebensdauer erreicht, wie Florian Lezius erläuterte. Bei einem Defekt an den Belüftungselementen oder an den Rührwerken müssen Taucher zur Reparatur während des laufenden Betriebes eingesetzt werden, weil die Abwasserreinigung keine Unterbrechung und Pausen zulässt. Ein zusätzliches Becken würde für Entlastung sorgen. sis

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