Weites Land
Kulturkritik: „Smokestack Lightnin’ “ bei Korn
ROTHENBURG – Knochige Gitarrensounds, eine Stimme mit unkuscheligem Timbre. Alles sitzt fest im Sattel beim Galopp durch Klang- und Songszenerien, die gleich zu Anfang ein wenig an die berühmten himmlischen Ghost Riders erinnern.

Als Live-Band und Songmacher eine eingeschworene Truppe: „Smokestack Lightnin’“ bei Korn. Foto: Düll
„Smokestack Lightnin’“ verstehen sich nicht nur exzellent aufs Musikmachen. Ihnen gelingt es, das Ohr zu fesseln: Ihre Lieder haben Atmosphäre, erzählen hörenswerte Geschichten.
Es sind Love- und Road-Songs, mitunter romantisch angefinstert, poetisch, manchmal übersinnlich, melancholisch, mit dem frugalen Weltschmerz des Outlaws. Es ist ihr unprätentiöser, lakonischer Stil, der sie inwendig glühen lässt.
Der Name der Band, er beschreibt den von Funken umspielten Schlot einer Dampf-Lok. Das fränkische Quartett fährt schon länger auf dem Erfolgsgleis. Nach 16 gemeinsamen Jahren, fünf Alben und einem deutschen Top-100-Hit ist es über seinen Namenspatron, den gleichlautenden Bluesklassiker aus dem Jahre 1956, und weit über seine Heimatstadt Nürnberg hinaus zum Begriff geworden – als Synonym für veritablen Roots Rock mit nordamerikanischen Genen und garantiert passionierte Live-Darbietungen.
Sie treten in Moskau ebenso auf wie in London, waren schon auf US-Tour und nahmen im Country-Mekka Nashville eine ihrer Platten auf. Die weltgewandte Routine war auf der Kornschen Bühne genussvoll zu spüren.
Die Kapelle mit Axel Brückner, dem Sohn des aus Rothenburg stammenden Jazz-Klarinettisten Werner Brückner, an einer der beiden Gitarren setzte die Reihe der jüngsten Glücksgriffe an der Schützenstraße fort. Ambitionierter Pop und Rock zählte nie zu den Kernkompetenzen der ansonsten mondänen hiesigen Reihe. Aber vielleicht ändert sich das ja derzeit. „Smokestack Lightnin’“ war ein weiterer Schritt dazu.
Man mag die Combo als Perle oder, um im Bild des einsamen Prärie-Highways zu bleiben, als Goldnugget aus deutschen Landen sehen. Ihnen hängt jedenfalls kein Sauerkraut-Geruch im Klangkleid. Bernie Batke ist ein unalltäglicher Frontmann, nicht nur weil er zum Kontrabass singt, sondern auch deshalb, weil er es versteht, uneitel, mit verschwendungslosem Kolorit und gelegentlicher Unterstützung von Backing-Vocals abendfüllend zu bannen. Zum Geheimnis der Band gehören ihre Eingeschworenheit, ihre dezente Art, ihre aus einem Guss gefertigten Arrangements.
Da tönen keine hohlen Stellen aus den elegant road-rauen Grooves (Michael Kargel, Drums) und dem versiert stilschönen Gitarrenspiel Brückners an der Telecaster und seines Gegenübers Andrè Langer, der abwechselnd zur halbakustischen Stromgitarre und zur Western-Klampfe griff. Viel Country- Feeling, aber auch Blues blitzt ihnen aus den Saiten. Die vier treffen – erfrischend unmuseal – den Sound des verehrten Großgenres, wobei ihr Hang zu Grenzgängen und Eigenwilligkeit nie zum Selbstzweck gerät. Das gilt für die Stücke vom aktuellen Album „Stolen Friends“ ebenso wie für die feine Cover-Version von Mel Tillis’ (durch Country-Gigant Kenny Rogers zu Ruhm gebrachten) intimen Antikriegssong „Ruby, Don’t Take Your Love to Town“. Und dann stob der „Schlot“ zwischendurch auch noch Volldampf: so bei einem rock’n’rolligen Abstecher ins urwüchsige Beatles-Repertoire
Nein, eine Club-Bühne wird wohl aus dem Korn-Podium nicht mehr werden. Dazu gestattet die konzertante Atmosphäre dem Publikum zu wenig, sich geschmeidig machen zu können. Begeistert aber waren die Zuhörer, und sie zeigten es. Die Funken vom „Smokestack“ sprangen über. hd
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