Schillernde Angelegenheit

Metallkonstruktion auf dem Markusturm sorgt für Unruhe in Rothenburg

ROTHENBURG – Ungewohnt schillernde Ansichten am Markus­turm haben für einige Aufregung gesorgt und die Stadtverwaltung schnell auf den Plan gerufen. Sie ließ umgehend graue Farbe auftragen und die Störquelle damit entschärfen.

Bei diesem silberfarben in der Sonne glänzenden Ding auf dem Dach des Markus­turms könne es sich nur um eine dieser heimtückischen Anlagen für Funk handeln, wurde vermutet. Im Bauamt glühten wegen entsprechender Anfragen und Hinweise die Drähte.

Stellvertretender Stadtbaumeister Alfred Baum berichtete in der jüngsten Bauausschuss-Sitzung des Stadtrats. Er warb angesichts der allgemeinen Lage für Verständnis, dass hier relativ schnell gehandelt werden müsse – um die Wogen etwas zu glätten.

Was hatte nun dazu geführt, dass sich dieser Fall ums Haar zu einem größeren Akt aufschaukelte? Störche sind offensichtlich auf dem besten Weg, sich unter anderem auch das Herz der Tauberstadt zurückzuerobern. In den zurückliegenden Wochen und Monaten haben sie sich an allen möglichen Stellen der Altstadt in luftiger Höhe niedergelassen, unter anderem auch auf der Franziskanerkirche. Davon gibt es Foto-Beweise.

Störche auf der Franziskanerkirche.          Foto: starcut

Störche auf der Franziskanerkirche. Foto: starcut

Diese Präferenz der Störche wurde als Signal verstanden, dass ein Standort im Herzen der Stadt, wie er früher am Dach des Markusturms bestanden hat, durchaus wieder als Brutplatz in Frage kommen könnte. Um hier ein Zeichen zu setzen und diesen Trend zu unterstützen, ließ die Stadtverwaltung an dieser altherge-brachten Stelle ein Metallrad montieren.

Es soll baldmöglichst einen Storchenhorst tragen und auf diesem Weg die Sache mit dem Nach-wuchs­ (zuoberst der Vögel, aber im landläufig bekannten Zusammenhang natürlich auch ganz allgemein) befördern. Um es gegen Rost zu schützen, wurde es feuerverzinkt. Über den Winter, so war vorgesehen, könne der flüssigkeitsabweisende Schutzüberzug etwas abwittern und die Vorrichtung sei danach im Frühjahr automatisch in der genau richtigen Verfassung für den endgültigen grauen Anstrich.

Allerdings hatten die Verantwortlichen die Rechnung ohne die vielen aufmerksamen Beobachter gemacht, die diese recht einleuchtend anmutende Überlegung nicht unbedingt auf dem Schirm hatten und ihrerseits ganz andere Munition für die Rothenburger Gerüchteküche lieferten. Die angebliche Antenne auf dem Dach des Markusturms habe für allerlei Aufregung gesorgt. Kleine Änderungen kündigte Oberbürgermeister Walter Hartl deshalb in der Bauausschuss-Sitzung schmunzelnd an.

Es werde wohl nichts anderes übrigbleiben, als die Hebebühne aufzufahren. Die Konstruktion müsse eventuell sogar heruntergeholt werden, um sie grau zu streichen und danach wieder in luftiger Höhe zu befestigen, gab der stellvertretende Stadtbaumeister zu verstehen. Worauf sich Stadtrat Dr. Karl-Heinz Schneider von der FRV mit einer kleinen Anfrage zu Wort meldete. Ob es nicht vernünftiger gewesen wäre, besagte Konstruktion gleich komplett fertigzumachen (also unmittelbar nach dem Feuerverzinken zu streichen) und dann erst oben zu befestigen, wollte er wissen.

Angesichts der Dringlichkeit des Falles wurde inzwischengehandelt. Der Bauhof setzte die Hebebühne ein und versah die Metallkonstruktion mit grauem Anstrich – ohne sie abzumontieren. Die Moral von der Geschicht: Oft kommt es anders, als man denkt. Storchenangelegenheiten bedürfen offensichtlich des ganz besonders sensiblen Umgangs. Rothenburg hat dazugelernt. -ww-

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