Portion Nettigkeiten obendrauf
Das kleine „Lädle“ im Heckenacker pflegt Einkaufskultur mit sozialer Komponente
ROTHENBURG – Der kleine Lebensmittelladen „Beim Krauss“ im Heckenacker kämpft ums Überleben. Das Geschäft läuft trotz einer im Wesentlichen sehr bemühten Nachbarschaft recht schleppend. Es ist schon eine Leistung, mit wieviel Engagement Claudia Krauss seit viereinhalb Jahren den Kleinstbetrieb im Nebenerwerb aufrechterhält. Zur Freude der älteren Mitbürger, für die der Einkauf um die Ecke an Bedeutung gewinnt.
Dass das kleine selbstständige Geschäft nicht mit den flächendeckenden Discounter-Ketten konkurrieren kann, bedarf keiner Frage. Aber es könnte für die Nahversorgung eine feste Größe und Alternative sein durch seine persönliche Beziehung und Dienstleistungsbereitschaft, ganz im Gegensatz zu anonymen Discountern und Supermärkten mit Selbstbedienung. Heute trauern manche ältere Rothenburger, die nicht mehr so mobil sind, dem längst verschwundenen Laden an der Ecke nach.
„Frau Krauss ist wirklich eine Seele“, schwärmt ein Kunde aus der Nachbarschaft. „Sie hat ein großes Herz gerade auch für ältere Mitbürger, die sich bei ihr manchmal nur die Zeit vertreiben oder etwas Anschluss suchen.“ Niemals lässt sie auch nur die kleinste „kaufmännische Unkorrektheit“ zu. Selbst bei der kleinsten „Druckstelle“ etwa auf einer Birne, „bekommt man, ob man will oder nicht, noch eine dazu geschenkt“, erzählt der Nachbar. Auch ihr Mann habe sein „Herz auf dem rechten Fleck“. Er hat das Geschäft und den Vorplatz mit Treppe mit eigenen Händen und sehr viel Energie liebevoll hergerichtet. „Eine Schließung wäre sehr schade und es würde halt wieder ein Tante-Emma-Laden weniger sein – und das gerade zum Zeitpunkt des fünften Geburtstages.
Der kleine Plausch im Laden gehört dazu: die Menschen ordentlich bedienen, ihnen zuhören, sie freundlich behandeln und ihnen trotzdem Qualität bieten, obwohl die eigene Marge gering ist. Der Laden ist ein Ort zum Durchschnaufen. Manche kaufen hier ihre wichtigsten Lebensmittel ein. Man kann aber auch einen guten Kaffee und frisches Gebäck bestellen und an einem kleinen Tisch sich und die Welt genießen.
Die Backwaren bezieht Claudia Krauss abwechselnd von den Bäckereien Walter Friedel aus Rothenburg und Hartmut Braun aus Gebsattel. Frische Eier und Gemüse liefern Direktvermarkter aus der Region. Auch Butter, Milchprodukte, Getränke, Beilagen zu Gerichten, ebenso Hygieneartikel, Putzmittel und Zeitschriften gehören zum Sortiment. Frische Fleisch- und Wurstwaren bietet die Metzgerei Schober direkt in der Nachbarschaft. Das Warensortiment des alteingesessenen Familienbetriebs und das kleine Ladengeschäft in der Rückerstraße ergänzen sich.
Als Claudia Krauss 2009 das Geschäft eröffnete, war unter den Heckenacker-Bewohnern die Freude groß. Inzwischen haben sich am Rande der Siedlung in fußläufiger Nähe die beiden Discounter Norma und Rewe mit seinem Vollsortiment niedergelassen und den Preiskampf eröffnet. Überleben kann der kleine „Tante-Emma-Laden“ nur mit einem monatlichen Mindestumsatz, um neue Waren kaufen und die Pacht bezahlen zu können. Der Hausbesitzer zeigte sich von Anfang an kulant und kooperativ, betont die Geschäftsfrau.
Als Mutter von drei schulpflichtigen Kindern musste sie im Laufe der Jahre die Ladenöffnungszeiten auf den Vormittag beschränken. Die Familie wohnt um die Ecke. Ihr Mann Johann arbeitet als Hausmeister beim Baumaschinenhersteller Terex im Rothenburger Industriegebiet. Auf die Idee mit einem kleinen Laden kam Claudia Krauss auf der Suche nach einer Erwerbstätigkeit. Zuvor arbeitete sie als Laborantin, Buchhalterin und stellvertretende Hausdame in einem Hotelbetrieb. Auf der Suche nach einer Halbtagsstelle, die es ihr ermöglicht, Haushalt und Familie unter einen Hut zu bringen, fand sie kein Angebot.
Die Nachbarn vermieteten ihr bereitwillig das leerstehende Erdgeschoss mit rund 55 Quadratmetern. Bis in die 80er Jahre war dort die Bäckerei Kraft mit kleinem Lebensmittelladen untergebracht. Das jetzige Geschäft ist so klein, dass mit der Ladeninhaberin nur eine Person dort arbeitet. Ob der Nebenerwerbsbetrieb mit hoher sozialer und emotionaler Komponente die Zeit überdauert? sis
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