Preis des Zionismus
Jüdische Woche: Vortrag über Israels Politik
ROTHENBURG – Neuland wurde betreten: Die „Dritte Rothenburger Woche jüdischer Kultur“ wagte sich erstmals an das aktuelle politische Zeitgeschehen in Israel. Die in Israel geborene Historikerin Tamar Amar-Dahl las im Gemeindezentrum Jakobsschulhaus Auszüge aus ihrem Buch über das zionistische Israel und erklärte Zusammenhänge und Folgen politischer Ereignisse in Israel.

Die Referentin erklärte dem Publikum ihre wissenschaftliche Analyse des gescheiterten Friedensprozesses. Foto: Scheuenstuhl
„Ich versuche sie in einen Konflikt mit hineinzunehmen, der schwer zu durchschauen ist“, eröffnete Tamar Amar-Dahl ihre Lesung. Es ging ihr in ihrem Vortrag nicht darum, Lösungen für den Nahostkonflikt und den Konflikt Israels mit den Palästinensern zu präsentieren. Als Historikerin ist es vielmehr ihre Aufgabe, Ereignisse und Entwicklungen zu analysieren und daraus Erklärungen für Verhaltensweisen zu gewinnen.
Die politische Ordnung Israels ist zionistisch, das heißt sie zielt auf die Errichtung und Bewahrung eines jüdischen Staates ab. Sie basiert auf zwei Gründungsmythen. Zum einen ist die Idee von Israel als Land des jüdischen Volkes zentral. Hieraus entstand die Staatsräson, ein mehrheitlich jüdischer Staat sein zu müssen.
Zum anderen führte der sogenannte Sicherheitsmythos, der sich aus der jüdischen Leidensgeschichte entwickelte, zu der unumstößlichen Überzeugung, eine „militärisch unschlagbare Macht“ werden zu müssen, um jegliche Feinde abwehren zu können. Ansonsten sei die Sicherheit des Staates und die Umsetzung des zionistischen Projektes in Gefahr.
Eine politische Persönlichkeit steht bei Tamar Amar-Dahls Ausführungen dabei im Mittelpunkt. Bereits in ihrer Doktorarbeit setzte sie sich intensiv mit Schimon Peres, dem ehemaligen Ministerpräsidenten und derzeitigen Staatspräsidenten Israels und seiner Rolle bei dem mittlerweile gescheiterten Friedensprozess auseinander.
In den 1990er Jahren hatte sich ein Zeitfenster für die Verwirklichung des Friedens geöffnet. Der damals über 70-jährige Schimon Peres „hätte die Chance ergreifen müssen“. Aber er tat es nicht.
„Peres sieht in der Verwirklichung des zionistischen Israels sein Lebenswerk“, erklärte Tamar Amar-Dahl. Als zionistischer Staatsmann konnte er die vorgeschlagene Zwei-Staaten Lösung nicht vertreten, weil dadurch auf lange Sicht der zionistische Staat als solcher nicht bewahrt werden kann.
Der Preis für die zionistische Nationalstaatlichkeit bleibt der Nahostkonflikt. „Ich mache Menschen Angst, die das zionistische Projekt nicht in Frage stellen“, beschreibt die Referentin die Reaktionen auf ihre wissenschaftliche Arbeit.
In der sich anschließenden Diskussion mit dem äußerst sachkundigen Publikum wurden weitere wichtige Ereignisse der israelischen Politik angesprochen und die internationale Unterstützung für Israel und seine Politik thematisiert. Aufgrund seiner Geschichte ist Israel nicht bereit für den Frieden nötige Zugeständnisse zu machen. Tamar Amar-Dahls Erklärung dafür: „Die Geschichte hat uns; nicht wir sie.“ mes
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