04.06.2025

Schätze hinter alten Mauern

Heilig-Kreuz-Kirche feiert 850. Weihejubiläum – Predigt von Regionalbischöfin

NEUSITZ – Es gibt zahlreiche größere, berühmtere oder ältere Kirchen. Aber auch vermeintlich unscheinbare Sakralbauten beherbergen handwerkliche und künstlerische Schätze und haben eine bewegte Geschichte hinter sich. Wie etwa die Neusitzer Heilig-Kreuz-Kirche, die heuer 850 Jahre alt wird.

Kunstvoll: Altar mit Kreuzigungsgruppe aus der Schule Riemenschneiders. Fotos: Scheuenstuhl

Kunstvoll: Altar mit Kreuzigungsgruppe aus der Schule Riemenschneiders. Fotos: Scheuenstuhl

Für ihn ist sie ein „kleines Schatzkästchen“. Pfarrer Markus Dörrer ist zwar erst seit gut einem halben Jahr in der Kirchengemeinde Neusitz tätig, aber er weiß genau über die inneren Werte seiner Heilig-Kreuz-Kirche Bescheid. Auch wenn sie kleiner als seine frühere Arbeitsstätte in Wildenholz ist. Sie wirke dadurch sehr „heimelig“, erklärt er. Die rot-weiße Bemalung der Steine erinnert den Pfarrer an italienische Gotteshäuser.

Mit ihrem Jubiläum ist die Neusitzer Kirche in guter Gesellschaft: Auch die Leipziger Nikolaikirche feiert 2015 ihren 850. Geburtstag. Obwohl es um einiges kleiner ist, beherbergt das mittelfränkische Gotteshaus dennoch einen ganz besonderen Schatz, der gut gesichert ist: ein „Riemenschneider-Altar“, der zwar vermutlich nicht direkt von Meisterhand stammt. Aber man darf davon ausgehen, dass die Kreuzigungsgruppe von einem seiner Schüler angefertigt wurde. Zu Füßen Jesu stehen Maria und Johannes an dessen Löckchen die charakteristische Handschrift der Riemenschneider-Schule vor allem zu erkennen sei.

Sie werden eingerahmt von König David mit einer Harfe sowie der Heiligen Katharina und der Heiligen Helena mit dem Kreuz in Händen. Letztere soll laut der Legende das Kreuz Christi in Jerusalem gefunden haben. Ob die Legende stimmt, dass sich unter dem Altar in Neusitz eine Kreuzreliquie befindet, wurde bislang noch nicht untersucht.

Mit Licht in Szene gesetzt

Die Altarstaffel zeigt, meist verdeckt von Kerzen und Bibel, ein Gemälde mit jeweils einer Szene von Jesu Taufe, dem letzten Abendmahl sowie Christi Himmelfahrt. Der Altaraufsatz (Retabel) besteht aus zwei geschraubten Säulen mit vergoldeten Basen und Kapitellen. Vier Medaillons mit Brustbildern der Evangelisten zieren das Ensemble. Durch das von hinten hereinströmende Licht wird der Altar besonders wirkungsvoll in Szene gesetzt.

Die „Kirche zum Heiligen Kreuze“ wurde laut der Überlieferung in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts durch Arnold von Rothenburg erbaut und schließlich 1165 geweiht. Er wollte so seine Dankbarkeit zeigen, den Kreuzzug im Heiligen Land überlebt zu haben. Im Jahr 1255 wurde in Neusitz ein Dominikanerinnenkloster gegründet. Die architektonische Konzeption des Sakralbaus zeugt von seiner Stellung als Ordenskirche. Das Neusitzer Gotteshaus sei stets Ort der klösterlichen Andacht und Meditation gewesen, heißt es im Kirchenführer von Heilig-Kreuz.

Langhaus, Turm und Chor besitzen noch annähernd die früheren Bauformen, wobei das Gotteshaus ursprünglich eine klassische Chorturmkirche war. Aufgrund der steigenden Einwohnerzahl wurde sie nach Osten hin erweitert, was an den unterschiedlichen Bogenformen zu erkennen ist. Auf einem Hügel erbaut ist die Kirche zudem auch durch ihren dreigeschossigen, 38 Meter hohen Turm mit abschließendem Fachwerkgeschoss und dem Pyramidendach bereits von Weitem auszumachen.

1833 wurde eine neue Kirchturmuhr angeschafft. In der Neusitzer Gemeindechronik von 1992 ist vermerkt, dass damals ein Ziffernblatt der Gemeinde gehörte, die es auch unterhalten musste. Die Turmspitze mit Hahn und Kugel bekam 2007 im Zuge der insgesamt rund 335000 Euro teuren Sanierungsmaßnahmen an der Kirche einen neuen Goldanstrich.

Älter als vermutet

Aber auch außerhalb der Kirche kann man Besonderheiten entdecken. Das durch seine Hausherren immer weiter modernisierte Pfarrhaus etwa hat auch schon einige Jahre hinter sich. Es stammt wahrscheinlich aus dem 16. Jahrhundert. Matthäus Beyer war der erste Pfarrer, der ab 1556 die Predigt in der Kirche hielt, nachdem Neusitz 1544 protestantisch wurde.

Hinter dem gußeisernen Grabkreuz an der Kirchhofmauer verbirgt sich ebenfalls eine interessante Geschichte: Es wurde dem blinden Glockenläuter Leonhard Stoll von der Gemeinde gestiftet. Denn bis zu seinem Tod im Februar 1904 nahm der sogenannte „Gemeindearme“ viele Jahre lang tagtäglich den Weg vom Armenhaus zur Kirche hinauf auf sich, um die Glocken zu läuten.

Mit 850 Jahren kann die Kirche auf eine lange und bewegte Geschichte zurückblicken. Sie musste erfahren, dass manchen Menschen nicht einmal das Haus Gottes heilig ist. So plünderten während des Dreißigjährigen Krieges Söldner des Grafen Tilly die Kirche und verbrannten Kirchenbücher. 1727 sprengten Einbrecher die Kirchentüren auf und stahlen drei Gebetsbücher, zwei davon mit Goldrand. Am 26. Juli 1948 kehrten die beiden Kirchenglocken vom Glockenfriedhof in Hamburg nach Neusitz zurück. Sie sind 1942 als kriegswichtiges Material beschlagnahmt worden und sollten zur Weiterverarbeitung in der Rüstungsindustrie eingeschmolzen werden.

Das Kirchweihwochenende vom 1. bis zum 3. Mai steht ganz im Zeichen des runden Kirchengeburtstages. Regionalbischöfin Gisela Bornowski wird am Sonntag um 9.30 Uhr die Predigt halten. Die Kirche ist dann den ganzen Tag über geöffnet, damit man ihre kleinen und großen Schätze entdecken kann. Eine Bilderausstellung mit Preisrätsel soll am Nachmittag das Gotteshaus im Wandel der Zeit und im Leben der Gemeindebürger zeigen.

Pfarrer Markus Dörrer freut sich über das Jubiläum seiner Kirche.

Pfarrer Markus Dörrer freut sich über das Jubiläum seiner Kirche.

Neben Ehrengästen aus der Politik hat Pfarrer Markus Dörrer ganz im Zeichen der Ökumene auch die Ordensschwestern des Bamberger Dominikanerinnenklosters zum Heiligen Grab eingeladen. Nach Empfang und Mittagessen vor der Kirche findet um 14 Uhr ein Kirchweihumzug mit den Vereinen durch das Dorf bis zum Gasthof Neusitz statt. mes

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