Blick in die Vergangenheit

Kreisheimatpfleger kümmert sich um das Schillingsfürster StadtarchivSCHILLINGSFÜRST – Ordnung in das Chaos bringen, so lautet – salopp gesagt – der Auftrag von Kreisheimatpfleger Claus Broser für das Schillingsfürster Stadtarchiv. Zahllose gemeindliche Schriftstücke hatte er schon in Händen. Doch sein Beitrag geht über das bloße Sortieren der Dokumente und Ablegen in Ordner weit hinaus.

Zwei Geschichtsbegeisterte: Bürgermeister Michael Trzybinski und Kreisheimatpfleger Claus Broser.

Zwei Geschichtsbegeisterte: Bürgermeister Michael Trzybinski und Kreisheimatpfleger Claus Broser.

Zwei sehr gute Gründe gibt es für Kreisheimatpfleger Claus Broser sich gerade des Schillingsfürster Stadtarchivs anzunehmen. Zum einen verbrachte der heute 73-Jährige in seiner Kindheit einige Jahre im Schillingsfürster Ortsteil Faulenberg. Für ihn ist dies also Heimatgeschichte in ihrer persönlichsten Form. Zum anderen findet er in der Schloss-Stadt ein sehr angenehmes Arbeitsklima vor. „Viele Bürgermeister haben keine Lust und keine Zeit sich mit dem Archiv zu beschäftigen“, eklärt der ehemalige Schulleiter. In Schillingsfürst sei das ganz anders. Es mache ihm Spaß dort zu arbeiten, denn mit Bürgermeister Michael Trzybinski hat er einen Gleichgesinnten gefunden, der sich sehr für Geschichte interessiert und selbst oft in seiner Freizeit in Datenbanken von Online-Archiven unterwegs ist. Bereits unter dessen Vorgänger Friedrich Wieth gab es die ersten Kontakte zum Kreisheimatpfleger. Der neu gewählte Stadtrat legte dann mit einem seiner ersten Beschlüsse den Grundstein für Claus Brosers Einsatz in Schillingsfürst. „Es ist wichtig die eigene Geschichte zu kennen und der Nachwelt ein geordnetes Archiv zu hinterlassen“, kommentiert das Stadtoberhaupt den Ratsbeschluss. Claus Brosers zentraler Auftrag lautet die Schriftstücke systematisch nach ihrem Inhalt zu ordnen. Es geht nicht darum die Geschichte der Stadt an sich – oder gar ihre braune Vergangenheit – zu erforschen. Claus Brosers übersprudelnde und ansteckende Begeisterung für Heimatgeschichte gewährleistet zum Glück, dass interessante Funde dennoch entsprechend gewürdigt werden. Bei besonderen Dokumenten etwa „übersetzt“ er die alte Schrift in ihre heutige Form. Ebenso lässt er den Bürgermeister an seiner fachlichen Interpretation zum Inhalt aber auch über den Schreiber selbst teilhaben.

Handgezeichneter und besonders gut erhaltener Plan der Villa Roth von 1806.   Fotos: Scheuenstuhl

Handgezeichneter und besonders gut erhaltener Plan der Villa Roth von 1806. Fotos: Scheuenstuhl

Es ist nicht zuletzt die räumliche Nähe, die diesen konstanten und intensiven Austausch zwischen Claus Broser und Michael Trzybinski fördert. Die schier unzähligen Akten der Stadt lagern zwar im Archiv im ehemaligen Bauhof neben der Villa Roth. Doch für seine Arbeit bezog der Heimatpfleger das Arbeitszimmer neben dem Bürgermeister. Dort hat er viel mehr Platz die Dokumente auszubreiten, um sie bei Bedarf auf die passende Größe zurechtzuschneiden (die heute gängige Seitengröße war damals noch nicht normiert), gegebenenfalls zu kopieren und in die entsprechenden Ordner einzuheften. Er richtet sich dabei nach dem Einheits­aktenplan für bayerische Gemeinden und Landratsämter, der für jedes Themengebiet eine bestimmte vierstellige Zahl zur Einordnung vorgibt. Claus Brosers langjährige Erfahrung bringt es mit sich, dass er einige der Zahlenkombinationen ganz ohne nachzu­schla­gen den Themen zuordnen kann. Seit 1980 ist er ehrenamtlicher Heimat- und seit 1992 auch Archivpfleger. Der pensionierte Volksschullehrer hält im Arbeitsalltag wenig von der strikten formalen Trennung zwischen dem, was heimatgeschichtlich interessant und dem was für die Gemeinde und ihr Archiv wichtig ist. Er sieht sich deshalb vor allem als Dienst­leister und fällt so manche Entscheidung „nicht nach Zahlen, sondern nach dem Sinn“. So rät er, der selbst 30 Jahre lang Mitglied im Stadtrat von Leutershausen war, im Zweifelsfall eine Rechnung, die man theoretisch nach sechs Jahren wegwerfen darf, dennoch aufzuheben, falls sich daran interessante Erkenntnisse, wie beispielsweise zur Geschichte eines Unternehmens oder zu Preisentwicklungen, ablesen lassen können. Geschichte, Religion und Musik waren schon immer Steckenpferde von Claus Broser. 50 Jahre lang spielte er Orgel, was er nun wegen seines schlechter werdenden Gehörs schweren Herzens aufgeben musste. Langweilig wird es ihm trotzdem nicht. Jeden Tag – in Schillingsfürst immer mittwochs – ist er im Dienste der Heimatkunde unterwegs. Er dankt seiner Frau, dass sie ihn in seinem ruhelosen Ruhestand unterstützt.

„Ich schaue mir erst einmal die Gemeindeteile an, die Schillingsfürst einkassiert hat“, erläutert Claus Broser augenzwinkernd seine Vorgehensweise. Momentan widmet er sich den Schriftstücken von Faulenberg. Wenn er damit voraussichtlich Ende des Jahres fertig sein wird, kommt Stilzendorf dran. Er rechnet damit, dass die Ordnung der Unterlagen der Stadt dann noch ein paar Jahre in Anspruch nehmen werde. Es ist geplant, die interessierte Gemeinde durch Vorträge an den „Entdeckungen“ teilhaben zu lassen. Die heimische Feuerwehr hat bereits eine kleine Geschichtsstunde zum Thema Feuerläufer bekommen, zu jenen Einwohnern also, die früher wenn es brannte in den Nachbardörfern Hilfe und Verstärkung holen sollten. Neben einer alten Bürgermeisterrobe mit rotem Samtbesatz gibt es einen weiteren Fund, über den sich das Stadtoberhaupt der „Wasserstadt“ Schillingsfürst (Wörnitzquelle, Europäische Wasserscheide, Wasserturm) besonders freut. Passend zum neuen Wörnitzradweg ist der Heimatkundler auf Schriftstücke zur Wörnitzquelle gestoßen. Das älteste Dokument stammt von 1663. Zudem fanden sich mehrere Zeichnungen, die wohl 1925 im Rahmen eines Wettbewerbs zur Fassung der Wörnitzquelle angefertigt und eingereicht wurden. Der Siegerentwurf deckt sich mit der heutigen Steinsetzung des gefassten Brunnens. mes

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