Die eher leisen Mitgestalter

Angebote zur Mitbestimmung für Jugendliche in der Stadtpolitik – Wenig Resonanz

ROTHENBURG – Es gibt sie nicht: die Jugend. Denn Jugend hat viele Gesichter. Sie hat viele Chancen und Möglichkeiten. Insbesondere in der Jugendkultur, in Freizeit, Musik, Medien, Unterhaltung. Aber auf der anderen Seite spüren die Jugendlichen schon früh die hohen Erwartungen der Erwachsenen und den Anpassungsdruck der Arbeitswelt.

Jugendforum in der „Molkerei“: Die Erwachsenen wollen junge Leute für Politik begeistern.  Fotos: Schäfer

Jugendforum in der „Molkerei“: Die Erwachsenen wollen junge Leute für Politik begeistern. Fotos: Schäfer

Bisher ist es nicht gelungen, ein Jugendparlament in Rothenburg zu installieren, um Jugendliche in Planungsprozesse vor Ort im lokalen Bereich mit ihren Vorstellungen einzubeziehen. Von mangelndem Engagement kann man bei Heranwachsenden nicht sprechen. Sie sind in Vereinen oder Interessenvertretungen aktiv. Politisches Engagement bedeutet für sie vor allem, sich gesellschaftlich zu engagieren. Interesse an Politik haben sie meist erst dann, wenn es ihre Lebenswirklichkeit betrifft. Nicht selten ist politisches Desinteresse im Elternhaus angelegt. Wenn die Eltern Politik für Blödsinn halten, wie sollen dann Jugendliche erfahren, dass sie etwas bewirken können. Man muss sich in die Inhalte reinlesen und Hintergrundwissen anhäufen, um Interesse an Politik zu bekommen.

Im Sog gesamtgesellschaftlicher Individualisierung verlieren vormals verbindliche Rollen und Lebenspläne an Prägekraft. Die Devise heute lautet: Freunde, Partner, Lebensstil, soziale Bezugsgruppen, Konsumgüter, Ausbildung und Beruf, Sinnfindung und Selbstdarstellung. Modernität heißt deshalb auch für sie Entscheidungsfreiheit bei der Planung und Verwirklichung der eigenen Existenz. Unter den Bedingungen wachsender Wahl­mög­lichkeiten ist das Leben allerdings nicht einfacher geworden.

Besonders markant tritt die Verselbständigung der heutigen Jugendlichen in der Freizeit auf, die ihnen in vielfältiger Weise Kontakt-, Experimentier- und Entfaltungsspielräume eröffnet. Die Beziehungen zu Gleichaltrigen spielen eine zentrale Bedeutung. Zudem ist ein regelrechter Jugendkulturmarkt entstanden, auf dem sich jeder bedienen und einbringen kann. Jugendliche nutzen ihre Zeit für eine große Bandbreite von Aktivitäten. Sie leben und erleben ihre Freizeit sehr intensiv und schätzen sie über alles. „Freizeit ist mein Leben“, so die Auffassung Jugendlicher vor allem in der ersten Phase der Jugendzeit, also im Teenie-Alter.

Oberbürgermeister Walter Hartl versucht immer wieder, das Interesse jungen Menschen an Politik zu wecken und sie zum Mitgestalten einzuladen. Zum fünfzehnten Mal veranstaltete er ein Jugendforum, um der jungen Generation zu signalisieren, ein offenes Ohr für ihre Meinung zu haben und wie wichtig ihre Stimme ist. Der Radius derer, die über Schulen und Öffentlichkeit angesprochen wurden, war groß, die Resonanz gering.

Achtzehn Jugendliche folgten der Einladung des Stadtoberhauptes in die „Molkerei“. Auch einige Stadträte, Mittelschulleiter Markus Heindl und in der Jugendarbeit Tätige waren gekommen. Walter Nees von der Stadtjugendpflege mit langjähriger Erfahrung als ehemaliger Jugendzentrumsleiter, erläuterte das Konzept und Prozedere eines Jugendrates. Eine staubtrockene Angelegenheit für Jugendliche. Das Angebot wurde nur vage kommentiert – wie in den Jahren zuvor.

Bastian Spielhaupter

Bastian Spielhaupter

Lebhafter wurde es erst, als Bastian Spielhaupter für die Gruppe „MILFSoc“ den Wunsch nach einem Bewegungsparcours äußerte und auf die Hilfe der Stadt bei der konkreten Umsetzung hofft. Eine solche öffentliche Anlage ist teuer wegen der hohen Sicherheitsauflagen, ähnlich wie bei einem Spielplatz. Das Stadtoberhaupt will Möglichkeiten, die sich hier eröffnen, ernsthaft prüfen, wie er sagte.

Rothenburg bietet viel für Heranwachsende: Kino, Sporthallen, Kegelbahn, Schwimmbad, Jugendzentrum, Zukunftswerkstatt, Bücherei, Skaterplatz, Musikschule, Tanzschulen, Reitstall, Modellfluggelände, Schießstand, Tennisplätze. Mit dem Bau der neuen Mehrzweckhalle entsteht auch ein neuer Jugendraum. Das Mountainbike-Gelände mit Abfahrten und Steigungen im Heckenacker steht dagegen verwaist. Das Interesse hat sich abgekühlt beim Übergang vom Jugend- in das Erwachsenenalter. sis

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