Fest auf zwei Beinen

Theaterpädagogin macht Kultur spielerisch erfahrbar

ROTHENBURG – Sie muss immer einen Zettel griffbereit haben, denn viele Ideen kommen ihr ganz plötzlich in den Sinn. Christina Löblein ist ein sehr einfallsreicher Mensch. In jedem stecke Kreativität, so die Überzeugung der 27-Jährigen. Als Theaterpädagogin bietet sie anderen einen Rahmen diese auch auszudrücken. „Tanzbein und Standbein“ ergänzen sich bei ihr optimal.

Christina Löblein möchte Menschen einen Rahmen für ihre Kreativität geben, denn „Freiheit kann auch überfordern“.   Foto: Scheuenstuhl

Christina Löblein möchte Menschen einen Rahmen für ihre Kreativität geben, denn „Freiheit kann auch überfordern“. Foto: Scheuenstuhl

Es gibt sicherlich Regionen, in denen die Theaterdichte größer ist, als in Rothenburg und seinem Umland. Für Christina Löblein war es aber dennoch genau die richtige Entscheidung, sich hier mit ihrem sogenannten „Tanzbein“, der Theaterpädagogik, niederzulassen. „Ich liebe es Neues auszuprobieren und hier gibt es so viele Möglichkeiten dazu“, bekräftigt sie. Das Interesse an Kultur und Kunst sei in der Tauberstadt auf jeden Fall vorhanden. Sie selbst möchte einen Raum dafür schaffen.

Allerdings weiß sie auch, dass es etwas Zeit braucht, bis sich ihr einzigartiges Angebot richtig herumgesprochen hat. Aber deshalb ihre Idee der Theaterpädagogik in der Provinz von vornherein unversucht in den Wind schießen: Auf gar keinen Fall. Denn schließlich hat sie ja auch noch ihr „Standbein“.

Damit sind die 34 Arbeitsstunden pro Woche gemeint, die sie hinter dem Schreibtisch einer Schillingsfürs­ter Spedition verbringt. Um mit der Theaterpädagogik als Erstberuf ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, wird es ein wenig dauern, lautet Christina Löbleins Prognose. Neben der finanziellen Absicherung ist ihre bodenständige Tätigkeit außerdem eine gute Ergänzung. Das dort geforderte strukturierte Arbeiten kommt ihr nämlich auch in ihrem künstlerischen Dasein zugute.

Mit 16 Jahren entschied sie sich für die „vernünftige Ausbildung“ zur Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistungen. Aber schon seitdem sie ein Kind ist, spielt die gebürtige Faulenbergerin Theater und leitet heute in der Evangelischen Freikirchlichen Gemeinde die Jugend-Theatergruppe „Salz & Licht“. Eine ihrer ehemaligen Theaterschülerinnen kam einst auf sie zu und erzählte ihr, wie sehr die Bühne ihr Selbstbewusstsein gestärkt habe. Für Christina Löblein der Anstoß, „nicht nur Theater zu spielen, sondern es auch anzuleiten“.

„Abends völlig fertig“

Neben ihrem Beruf machte sie deshalb zunächst eine dreijährige Ausbildung zur christlichen Theatertrainerin an der „Drama-Ministry Academy“ in Mühltal. Im Anschluss daran ging es an die Theaterwerkstatt Heidelberg, um Theaterpädagogik zu studieren. Es waren intensive vier Jahre, in denen es auch darum ging „Erfahrungsprozesse zu ini­ti­ieren“ bei sich selbst. „Wir haben dabei jeden Tag so viele Dinge gelernt, dass wir abends völlig fertig waren“, erinnert sich Christina Löblein.

Aber auch für ihre Kunden ist die Teilnahme an einem ihrer Kurse eine prägende Erfahrung. Es geht dabei nicht darum, eine Theaterrolle genauso auszufüllen, wie sie vorgegeben ist. Das Ziel der 27-Jährigen ist es vielmehr, dass die Teilnehmer – egal ob Jung oder Alt – ihre eigene Krea­tivität entfalten können, ihre eigenen Ausdrucksformen auf die Bühne bringen. Sie sollen es „zu ihrem eigenen Stück“ machen.

Der persönliche Prozess steht dabei mit im Vordergrund. So können – wie oben erwähnt – das Selbstbewusstsein gestärkt, bestimmte Fähigkeiten angeeignet, soziale Kompetenzen erworben und auch die Reflexion über das selbst durchgeführte Spiel angestoßen werden. Christina Löblein sieht darin „Geschenke, die auf dem Weg liegen“ und die durch die Theaterpädagogik erschlossen werden können.

Daneben gibt es den kollektiven Prozess. Theater ist fast immer die Gesamtleistung eines Ensembles. Durch die Beziehungen der Akteure zueinander, wird ein Thema von verschiedenen Perspektiven aus betrachtet. Jeder Beteiligte bringt dabei seinen Eindruck von der Welt mit ein. Am Ende des Tages soll die Erkenntnis stehen, dass „jeder selbst künstlerisch arbeiten“ kann.

Großmutters Erbstück

Der Part von Christina Löblein ist es, einen Rahmen für die Kreativität zu geben, denn „Freiheit kann auch überfordern“, weiß sie. Und zwar nicht nur die Kinder, die sich den ganzen Tag mit den verschiedenen Requisiten beschäftigen könnten. In den Tiefen von zwei schönen alten Koffern – einer davon ist ein Erbstück von ihrer Großmutter – finden sich die verschiedensten Kopfbedeckungen, ein Gong, Bilderrahmen und vieles mehr. Manchmal muss sie dieses Angebot dosieren und den Spieltrieb auf eine Sache lenken, um in die Tiefe gehen zu können.

Es gibt viele Felder, in denen man Theaterpädagogik anwenden kann. Christina Löblein arbeitet am liebsten mit Kindern und Jugendlichen. Ab Herbst möchte sie an Schulen herantreten, ob man sich eine Unterstützung bei Theater-Arbeitsgruppen vorstellen könne. Zunächst jedoch wird sie einige Veranstaltungen beim Sommerferien-Programm anbieten. Ausgebucht sind bereits „Theater-Werkstatt-Woche für Kinder“, „Meine erste Theaterreise“ und „Inszenierung“ (Anmeldungen nur noch über Warteliste möglich). Dafür gibt es noch freie Plätze für „Theater-Werkstatt-Woche für Jugendliche“, „Improvisationstheater“, „Szenisches Schreiben“, „Materialtheater“ und „Schnupper-Theater-Work­shop“.

Christina Löblein liebt Theater, weil sie als Kind selbst Theater gespielt hat. Es ist also auch Kulturarbeit für die Zukunft, wenn sie eine Theaterwerkstatt auf einem Kindergeburtstag durchführt oder mit Hilfe des „Theater-Knigge“ Kinder sich selbst verschiedene Typen vom „Kaugummi kauenden Theaterbanausen“ bis hin zur „Rampensau auf der Bühne“ ausdenken lässt. Es geht ihr darum Kultur erfahrbar und nachvollziehbar zu machen.

Eine große Bedeutung hat für sie das Theater in Bezug auf den Glauben. „Gott hat die Natur gemacht, Menschen machen Kultur als Ebenbild eines kreativen Schöpfers“, sagt sie. Der Glaube ist das Fundament, auf dem sie steht. Momentan geht sie neben ihren anderen Verpflichtungen vollkommen auf im chorischen Theater mit biblischen Texten. Eine derartige Inszenierung an Weihnachten ist bereits in Planung.

Impulse setzen

Zwar leitet Christina Löblein die Werkstätten, doch sie stelle sich zu Beginn die gleichen Fragen wie die Teilnehmer, gibt sie zu. Sie ist mit ihnen auf Augenhöhe und setzt Impulse. Längere Engagements seien angenehmer. Sie muss sich dann nicht ständig auf neue Teilnehmer einstellen. Ein untrügliches Zeichen, dass sie den richtigen Rahmen gegeben hat ist, „wenn die Gruppe mich am Schluss nicht mehr braucht“, bringt sie ihr Anliegen auf den Punkt. mes

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