Gemeinschaftssinn

Arbeitskreis möchte Treffpunkt für Bevölkerung

NEUSITZ – Böse Zungen behaupten, Neusitz sei lediglich ein Vorort von Rothenburg, in dem es sich vergleichsweise günstig wohnen lässt. Tägliches Leben und Freizeit finden aber in der Stadt statt. Ein besonderer Treffpunkt mit Angeboten für jedermann müsse deshalb her, so die Meinung einer örtlichen Arbeitsgruppe des Integrierten ländlichen Entwicklungskonzepts. Der Knackpunkt: Eine breite Unterstützung in der Bevölkerung ist dafür nötig.

Zahlreiche Ideen für den Treffpunkt in Gemeinde : Der Arbeitskreis möchte in Neusitz etwas auf die Beine stellen.    Foto: Scheuenstuhl

Zahlreiche Ideen für den Treffpunkt in Gemeinde : Der Arbeitskreis möchte in Neusitz etwas auf die Beine stellen. Foto: Scheuenstuhl

„In Neusitz fehlt vieles, weil es hier auch schwierig ist, etwas auf die Beine zu stellen“, sagt Willi Löblein. Als ehemaliger Gemeinderat und alteingesessener Neusitzer spricht er da aus Erfahrung. Die bauliche und geistige Teilung in altes Dorf, neues Dorf und Neubaugebiet, wo jeder seinen eigenen Freundeskreis habe, sehen Judith und Manfred Keitel als eine maßgebliche Hürde für ein echtes Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Bevölkerung des 2000-Seelen-Örtchens.

Aller Unkenrufe und Widrigkeiten zum Trotz hat sich eine Gruppe engagierter Bürger dennoch zusammengefunden, die dies nun mit einem Treffpunkt in der Art eines Laden-Cafés ändern möchte. Dem Ehepaar Keitel hat schon seit längerer Zeit vorgeschwebt, dass man etwas ins Leben ruft, wo die Menschen zusammenkommen, aber auch Dinge des täglichen Lebens verrichten können.

Bei der Gemeindeversammlung im Januar sei man dann hellhörig geworden. Wenn man schon bei dem europäischen Entwicklungskonzept „Leader“ dabei sei, dann „sollte Neusitz auch davon profitieren und nicht nur zahlen“, so Manfred Keitel. Der Arbeitskreis „Wohnen, Soziales, Versorgung und Bildung“ hat seitdem, ausgehend von den ersten Vorstellungen von Judith und Manfred Keitel, zahlreiche Ideen und Wünsche erarbeitet, wie ein Treffpunkt für die Dorfgemeischaft aussehen könnte.

Und in der ersten Findungsphase sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Vom Laden mit regionalen und saisonalen Produkten, einem Café oder einer Kaffeebar, über eine Bücher- und Spielecke, eine Nachbarschafts- beziehungsweise einer Einkaufshilfe bis hin zu kulturellen Veranstaltungen (Lesungen, Ausstellungen oder Themenwochen) lauten die bisherigen Ideen des Arbeitskreises.

Mehr als nur Dorfladen

Oberster Wunsch: Es muss mehr sein als ein einfacher Dorfladen. Denn dass man dem Angebot eines Discounters damit keine Konkurrenz machen kann, ist allen klar. „Das ist nicht unser Ziel, deshalb wählen wir ein anderes Modell“, erklärt Thomas Schweikert. Ausgesuchte regionale und frische Produkte seien vorstellbar. Vielleicht könne ein Händler mit seinem Verkaufswagen zu gewissen Zeiten vorbeikommen.

Auch Geschenkkörbe und Blumensträuße finden sich bei der Ideensammlung. Älteren Mitbürgern und Müttern möchte man so auch den Weg in die Stadt wegen einzelner Produkte ersparen. Um darüber hinaus gerade jenen das Angebot zugänglich zu machen, die ganz auf ihre Mitmenschen angewiesen sind, ist außerdem ein Lieferservice im Gespräch.

Es solle ein Ort werden, wo man ein paar Stunden bei einem Kaffee in Gesellschaft verbringen möchte, so Manfred Keitel. Das Gemeinschaftsgefühl werde gefördert und die „Attraktivität von Neusitz als Lebensraum für junge Familien, aber auch für ältere Menschen“ gesteigert. Bürger können auch über ein Schwarzes Brett ihre Dienste anbieten, ergänzt Gabriele Schön. Der Name des Projekts – „Wir & Hier“ – drückt die Verbundenheit der Bewohner untereinander und zum Ort aus.

Nicht nur das Resultat der Überlegungen soll für die Gemeinschaft sein. Bereits beim Sammeln der Ideen sind alle Bürger gefragt. Deshalb können sie ihre Vorschläge für den Treffpunkt aufschreiben und diese dem Arbeitskreis am Neusitzer Adventsmarkt (an diesem Sonntag zwischen 13 und 17 Uhr) in den Gemeindesaal bringen. Über eine personelle Verstärkung würde sich der etwa zehnköpfige Arbeitskreis aber ebenso freuen.

Beim Adventsmarkt werden die anderen drei Arbeitskreise („Arbeit, Wirtschaft, Verkehr und Infrastruktur“, „Freizeit, Tourismus und Kulturlandschaft“, „Landwirtschaft, Wege und Energie“) ebenfalls vor Ort im Rathaus sein, um ihre bisherigen Ergebnisse für das Integrierte ländliche Entwicklungskonzept („Ilek“) vorzustellen. Was von den Vorhaben letztlich umsetzbar ist, wird mittels einer Machbarkeitsstudie festgestellt.

Positive Stimmen

Für den Treffpunkt hat man geeignete Räume (Größe, Barrierefreiheit und Parkmöglichkeiten) im Blick, deren Eigentümer bereits Unterstützung signalisiert habe. Auch in der Bevölkerung konnten die Mitglieder des Arbeitskreises erste positive Stimmen zu dem angedachten Projekt sammeln. Oft ist trotzdem zu hören: „Das geht uns aber nichts an, das soll die Gemeinde machen.“

Letztlich steht und fällt der Treffpunkt allerdings mit der Beteiligung der Bürger. Es wird kein Weg daran vorbeiführen einen Verein oder eine Genossenschaft zu gründen, die als Träger des Projekts fungiert und das wirtschaftliche Risiko trägt, betont Manfred Keitel und fügt noch hinzu: „Es ist kein Gemeindeprojekt.“ Rücklagen, Dividenden oder Profite stehen dabei nicht im Vordergrund, der soziale, gemeinschaftliche Gedanke dafür umso mehr.

Es gehöre schon ein gewisser Idealismus zu dem ganzen Projekt, ergänzt Edith Vogel. Falls es zustande kommt, sind dann auch mehr Leute nötig, die sich engagieren. Man stellt sich vor auch die Jugend, unter anderem beispielsweise im technischen Bereich, in das Projekt einzubeziehen. Aber auch Rentner, die im Ruhestand noch etwas Neues anfangen wollen, sind als Unterstützer gefragt.

Natürlich bedarf es neben den Ehrenamtlichen auch Kunden und Gäste, die den Laden, das Café und die vielen weiteren Dienste auch in Anspruch nehmen. „Alle Neusitzer sind erwünscht und jeder wird gebraucht“, unterstreicht Gabriele Schön die Idee des Projekts.

Momentan befindet sich das Projekt in einem Stadium, in dem es wichtig ist, das Stimmungsbarometer in der Bevölkerung abzufragen. Die Mitglieder des Arbeitskreises stehen für Fragen zum Projekt nicht nur am Adventsmarkt zur Verfügung. Ihr nächstes Arbeitstreffen findet am 22. Januar um 20 Uhr im Gasthof Neusitz statt. mes

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*